Tagungsrückblick: Wachstum der Städte – Ist Schrumpfung jetzt abgesagt?

In Kooperation mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung fand am 06. und 07. Dezember 2018 die Dezembertagung des Arbeitskreises „Städte und Regionen“ der Deutschen Gesellschaft für Demographie e.V. unter dem Titel „Wachstum der Städte – Ist Schrumpfung jetzt abgesagt?“ in Berlin statt. 160 Teilnehmer*innen aus Forschung, Verwaltung und Privatwirtschaft konnten sich in einer Reihe ausgewählter Vorträge über neueste demographische Entwicklungen und die daraus resultierenden Herausforderungen für Städte und Regionen in Deutschland informieren.

Der Versuch eine Antwort auf die übergeordnete Frage der Tagung zu finden resultierte in einem klaren und deutlichen Jein. Wie unter anderem durch Matthias Waltersbacher (BBSR)1 und Saskia Fuchs (Statistisches Bundesamt)2 dargestellt, entwickeln sich selbst Städte derselben Größenordnung (Klein-, Mittel- oder Großstädte) erheblich unterschiedlich. Einzig die erneute Vorstellung der Ergebnisse der Schwarmstudie durch Harald Simons (empirica ag Berlin/Bonn)3 zeigte für einen grundlegenden Typus von Städten eine gleiche Entwicklung und diskutierte diesbezügliche Zusammenhänge. Auf wirtschaftlicher Seite wurden Perspektiven für den ländlichen Raum unter anderem durch Klaus-Heiner Röhl (Institut der deutschen Wirtschaft) und für ausländische Fachkräftegewinnung durch Florian Bernhardt (Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH Osnabrück)4 dargestellt. Zugleich wurden durch verschiedene Akteur*innen Handlungsfelder und teils auch -empfehlungen formuliert.

Stadt-Land-Plus war auf der Tagung durch die ReferentInnen Björn Braunschweig (FSU Jena) und Anna Dunkl (IfL Leipzig) aus dem Projekt Interko2 vertreten. In der Diskussion zeigte sich bereits im Vorfeld die Relevanz des Interko2-Vorhabens. Immerhin wurde häufig die getrennte Betrachtung von stark wachsenden Städten und dem ländlichen Raum kritisiert. Die ReferentInnen stellten erste Analyseergebnisse der Region Leipzig-Westsachsen vor und konnten auf gesicherter Datengrundlage darlegen, dass (Bevölkerungs-)Wachstum und Bautätigkeit in der von ihnen betrachteten Region keinerlei Abhängigkeit aufweisen. Daraus ließ sich unter Beachtung der sonstigen demografischen Entwicklungen unter anderem ableiten, dass die gefühlten Bedarfe und positiven Bevölkerungsentwicklungen, welche von vielen kommunalen VertreterInnen an erhöhter Bautätigkeit festgemacht werden, durch entsprechende Daten nicht belegt werden können.

Die Ergebnisse waren eine weitere Bestätigung für die geplante Einrichtung eines mehrstufigen interkommunalen Monitoringverfahrens, welches die Städte und Gemeinden zu strategischen Entscheidungen und Steuerung befähigen soll. Durch das Monitoring und durch die Analyse von Wohntrends und -bedürfnissen soll unter anderem der Bedarf an alternativen Wohnformen geprüft werden. Diese sollen in Ergänzung zur bisherigen Ausrichtung auf den Ein- und Zweifamilienhausbau in der Region in die Planungsansätze eingebracht werden.

Neben diesen Erkenntnissen wurden jedoch auch neue und alte Fragen aufgeworfen. Wie können Erfolgsfaktoren für Kommunen außerhalb des reinen Wachstumsparadigmas festgelegt werden? Wie kann Stabilität in schrumpfenden Regionen auch durch qualitativ höherwertige Infrastruktur erreicht werden? Welcher Ansätze bedarf es, um Lebensräume in Deutschland gleichwertig zu gestalten und was bedeutet die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse für einzelne Teilregionen? Das Projekt Interko2 hofft, einige dieser Fragen im Verlauf der nächsten 5 Jahre zu beantworten.

Eine Publikation, die eine fast vollständige Auswahl der Vorträge in schriftlicher Form darstellen wird, soll Ende 2019 erscheinen.

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1 Matthias Waltersbacher, BBSR Bonn: Aktuelle Trends auf den regionalen Wohnungsmärkten Deutschlands unter besonderer Beachtung städtischer Entwicklungsprozesse

2 Saskia Fuchs; Statistisches Bundesamt Wiesbaden: Die Bevölkerungsentwicklung in kreisfreien Städten – demografische Veränderungen und deren Hintergründe

3 Harald Simons, empirica ag Berlin/Bonn: Das Wachstum der Städte im gesamtdeutschen Kontext – Schwarmverhalten und Schwarmstädte

4 Florian Bernardt, Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH Osnabrück: Wie attraktiv sind Deutschlands Städte für ausländische Fachkräfte?

 

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