Flächenfußabdruck verkleinern: Ohne Felder keine regionalen Lebensmittel

Mehrere Menschen stehen in einer Gruppe, mit dem Blick zur Kamera. Sie halten Schilder mit der Aufschrift: "Metropolregion Nürnberg", und "Heimat für Regionalprodukte".
Luftbild einer Landschaft mit Dorf, grünen Wiesen, Feldern und Wäldern, Wegen und einem blauen Himmel.
Bild: Gemeinde Bürgland (C) Stephan Böhm

Der Flächenverlust ist ein gravierendes Umweltproblem auch in der Metropolregion. Aktuell stehen rechnerisch in der Metropolregion Nürnberg pro Einwohnenden 2.670 Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung, so viel wie etwa 10 Tennisfelder. Das ist deutlich mehr als der Durchschnitt anderer deutscher Metropolregionen. Aktuell könnte die Metropolregion theoretisch ihre Lebensmittel in der Region erzeugen, pro Person wären dafür 2060 Quadratmeter nötig. Rechnet man den Flächenbedarf für Biogas und Photovoltaik hinzu, wird die Fläche knapp (mehr dazu in diesem Video). „Die verfügbare landwirtschaftliche Fläche ist ein großer Schatz unserer Region“, sagt Dr. Hermann Ulm, Landrat des Landkreises Forchheim und Sprecher des Projekts ReProLa.

Daraus entsteht eine Vielfalt an regionalen Lebensmitteln, die einmalig ist: Bauernbrot, Wurst, Karpfen oder Spargel. Die wirtschaftliche Bedeutung für die Metropolregion ist enorm: rund 100.000 Beschäftigte arbeiten in der hiesigen Land- und Ernährungswirtschaft, so viele wie in der Automobilzulieferindustrie. Große Anteile einzigartiger, über Jahrhunderte gewachsener Kulturlandschaften prägen die Metropolregion: Teichlandschaften, Magerwiesen oder Streuobstbäume.

Doch Getreidefelder und Streuobstwiesen sind unter Druck: Pro Jahr gehen in der Metropolregion 1.450 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren – meist für Straßen, Gewerbe, Industrie oder Wohnhäuser. Rechnerisch verliert pro Jahr eine Kommune in der Metropolregion ihre landwirtschaftliche Fläche. „Landwirtschaftliche Flächen sind nicht nur reine Produktionsfläche für Lebensmittel und Einkommensquelle für Erzeugerinnen und Erzeuger, sie sind auch maßgeblich für den Arten- und Klimaschutz. Der Verlust landwirtschaftlich genutzter Flächen erschwert die Herstellung von regionalen Lebensmitteln, es gehen gewohnte und prägende Landschaftsbilder verloren, die Biodiversität nimmt ab und gleichzeitig wird der Rückgang von Landwirtschaftsbetrieben beschleunigt“, sagt Prof. Otmar Seibert von der Forschungsgruppe Agrar- und Regionalentwicklung in Triesdorf. Die Corona-Pandemie und die Ukraine-Krise haben gezeigt wie wertvoll eine Ernährungswirtschaft ist, die unabhängig von internationalen Lieferketten ist. Der Umgang mit landwirtschaftlichen Flächen steht aktuell jedoch kaum im Fokus von Kommunen.

Im Rahmen des Bundesforschungsprojektes „ReProLa“ (regionalproduktspezifisches Landmanagement) wurde daher ein Leitfaden entwickelt. „Dieser Leitfaden ist deutschlandweit einzigartig – so zeigt er gute Beispiele aus der Metropolregion, wo Kommunen bereits heute sparsam mit landwirtschaftlichen Flächen umgehen. Das ist ein wichtiger Schritt zu einem gesellschaftlichen Umdenken. Wir müssen uns endlich klarmachen, was der Verlust von Landwirtschaftsfläche bedeutet. Ohne Flächen werden wir in Zukunft keine regionalen Lebensmittel mehr produzieren können“, fasst Landrat Dr. Hermann Ulm zusammen.

Vorgestellt wurde der Leitfaden bei der Fachkonferenz „Zukunft.Fläche.Außenbereich – Nachhaltig (landwirtschaftliche) Flächen sichern, Wertschöpfung und Entwicklungen in der Metropolregion Nürnberg gestalten“ im Pilatushof bei Forchheim. Der Leitfaden für kommunales Flächenmanagement ist Teil des Aktionsplans „Heimat für Regionalprodukte“. Der Aktionsplan enthält strategische Projekte für eine zukunftsfähige Land- und Ernährungswirtschaft und soll auf der Ratssitzung am 28. Juli 2023 in Erlangen durch den Rat der Metropolregion beschlossen werden.

Gute Beispiele von Kommunen aus der Metropolregion

Eine seit vielen Jahren stillstehende Gewerbebrache am Ortseingang von Langenfeld, (Landkreis Neustadt a.d Aisch-Bad Windsheim) wurde zum gemeindlichen Dienstleistungszentrum umgenutzt. ein Dorfladen mit Backfiliale, Getränkemarkt, Poststation, Geldautomaten und Lotto-Annahmestelle. Das Besondere daran: die Bürger:innen von Langenfeld sind über eine Bürger:innengesellschafft an der Weiterentwicklung des Dorfladens beteiligt.

In der Gemeinde Litzendorf (Landkreis Bamberg) wurde 2007 der Grundsatzbeschluss „Innen- vor Außenentwicklung“ getroffen. Dabei wurde die Bürger:innenschaft einbezogen um Impuls-Projekte im Ortskern umzusetzen: Bücherei, Bürgerhaus, Sport- und Naherholungsflächen.

Eine Bestandsaufnahme in der Gemeinde Effeltrich (Landkreis Forchheim) hat gezeigt, dass innerorts großes Potenzial für Bau- und Umnutzungsmöglichkeiten vorhanden ist. Brachflächen und leerstehende Gebäude werden nun sukzessiv reaktiviert, zum Beispiel zu Baumschulen und Gärtnereien. Nach einem Grundsatzbeschluss priorisiert die Gemeinde die Innenentwicklung.

Seit 2014 werden in Ludwigstadt (Landkreis Kronach) kontinuierlich Leerstände erfasst und monatlich durch Daten des Einwohnendenmeldeamtes ergänzt. Die Strategie der Stadt liegt darin, auch so genannte Schrottimmobilien zu erwerben und rückzubauen und geeignete Objekte zu neuem Leben zu erwecken. So wurden beispielsweise zwei Brauereien auf Gemeindegrund revitalisiert.

Unter folgendem Link kann der Leitfaden abgerufen werden.

Cover der Publikation: Leifaden LANDWIRTSCHAFTLICHE  FLÄCHEN  SICHERN! - Das Hintergrundbild zeigt eine grüne Landschaft.

Stimmen der Bürgermeister der Beispiel-Gemeinden:

„Schnell hat sich in Langenfeld herausgestellt, dass etwas innerorts passieren muss. Ältere Menschen, Familien mit Kindern und Junge haben Bedarf nach passenden, vielfältigen Wohnformen und Versorgungsmöglichkeiten; gleichzeitig drohen immer mehr Leerstände bei Hofstellen und Wirtschaftsgebäuden. Wir haben uns mit einem langen Atem auf die Innenentwicklung konzentriert und freuen uns über die Erfolge. Dazu gehört aber auch der Erwerb von Flächen im Außenbereich, um handlungsfähig zu sein, z. B. für den Erwerb von Ausgleichsflächen oder für Tauschoptionen.“ 1.Bürgermeister Reinhard Streng, Gemeinde Langenfeld

„Für die Lebensqualität in einer Kommune sind attraktive und belebte Zentren wichtige Parameter. Gerade die bei uns in den Kernorten noch vorhandenen kleingliedrigen Geschäfts- und Dienstleistungsbetriebe sorgen neben den öffentlichen Einrichtungen für Belebung und Begegnung aller Generationen in den Zentren. Die Aufwertung des öffentlichen Raums hat auch Privateigentümer motiviert, ihre Liegenschaften zu modernisieren.“ 1.Bürgermeister Wolfgang Möhrlein, Gemeinde Litzendorf

„Als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde setze ich auf eine maßvolle Siedlungsentwicklung im Bestand. Die Kosten für große Siedlungserweiterungen belasten die Kommune über Jahrzehnte und ziehen vorher nicht bedachte Folgeinvestitionen nach sich.“ 1.Bürgermeister Peter Lepper, Gemeinde Effeltrich

„Durch die topographische Lage und das umgebende Landschaftsschutzgebiet bekommt die Innenentwicklung in der Stadt Ludwigsstadt einen noch höheren Stellenwert. Bund und Land unterstützen uns dabei mit passenden Instrumenten und Zuschüssen. Ohne eine auskömmliche Fördermöglichkeit wären viele Projekte aufgrund unserer Haushaltslage nicht zustande gekommen. “ 1.Bürgermeister Timo Erhardt, Stadt Ludwigsstadt

Quelle: Europäische Metropolregion Nürnberg

Zurück