Stadt-Land-Plus Statuskonferenz 2023
Konzert- und Kongresshalle Bamberg, Mußstraße 1, 96047 Bamberg
Die Statuskonferenz 2023 hat eine besondere Bedeutung für die Vermittlung der Ergebnisse der Arbeit der letzten Jahre in die Fachöffentlichkeit, da die Laufzeit der Vorhaben des ersten Stichtages bereits endet. Die Statuskonferenz wendet sich deshalb an eine breite Fachöffentlichkeit auf Bundes- und Landesebenen sowie aus Regionen und Kommunen und stellt die Präsentation und Würdigung der Ergebnisse der zwölf Verbundvorhaben des ersten Stichtages in den Mittelpunkt. Aber natürlich werden auch die „jüngeren“ Vorhaben vorgestellt und diskutiert und auch der intensiven Vernetzung der Verbundvorhaben untereinander wird wieder ausreichend Raum gegeben.
Der Tagungsort in der UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt Bamberg bietet einen hervorragenden Rahmen für diese Veranstaltung. So bereiten wir mit Unterstützung der Geschäftsstelle der Europäischen Metropolregion Nürnberg ein sehr interessantes Exkursionsprogramm in Bamberg und in der Region vor.
Am ersten Konferenztag stehen die Ergebnisse der Projekte im Mittelpunkt. Diese werden im Plenum vorgestellt und anschließend in kleineren Themeninseln vertieft. Wir freuen uns außerdem auf einen Vortrag von Prof. Dr. Davy zu dem Thema „Gerechtigkeit in Stadt-Land-Beziehungen“. In der anschließenden Diskussion im Unterhausformat haben alle Teilnehmenden die Möglichkeit, Position zu beziehen. Für das abendliche Get-together werden die Bamberger Bierbrauereien ein besonderes Ambiente bieten.
Am zweiten Konferenztag werden die Themeninseln fortgesetzt und die Ergebnisse im Plenum diskutiert. Des Weiteren werden die Ergebnisse der Befragung zu rechtlichen Hürden für nachhaltige Stadt-Land-Beziehungen vorgestellt. Unterschiedliche Exkursionen in und um Bamberg mit einem Fokus auf Stadt-Land-Beziehungen, auf denen die vielfältigen Querverweise zu einzelnen Projekten aus Stadt-Land-Plus vertieft werden, runden den zweiten Tag ab.
Der Sender TVO hier ein Video von der Konferenz bereit, das Eindrücke einer der Exkursionen bereit hält.
Downloads
Dokumentation | Statuskonferenz 2023 - PDF
Rahmenprogrammpräsentation | Statuskonferenz 2023 erster Tag - PDF
Rahmenprogrammpräsentation | Statuskonferenz 2023 zweiter Tag - PDF
Dokumentation entlang des Programms
Begrüßung
Katrin Fahrenkrug eröffnet die Konferenz und begrüßt alle Anwesenden. Sie übergibt das Wort an Dr. Vera Grimm, BMBF.
Auch Dr. Vera Grimm begrüßt die Anwesenden zur fünften Stadt-Land-Plus-Statuskonferenz. In einem Rückblick kommt Frau Dr. Grimm auf die Auftaktveranstaltung von Stadt-Land-Plus in Berlin 2018 zurück - nun in 2023 ist die Statuskonferenz bereits die Abschlussveranstaltung für die zwölf Verbundvorhaben des ersten Stichtags. In der Bilanz sei die Fördermaßnahme ein Erfolg und wird gut angenommen. Frau Dr. Vera Grimm würdigt die Arbeit Ihrer Vorgängerin Frau Dr. Birgit Metz, die die Fördermaßnahme aufgestellt hat.
In Stadt-Land-Plus gehe es darum, Stadt und Land gemeinsam zu denken. Metropolregionen, wie die Metropolregion Nürnberg, zu der auch Bamberg gehört, seien ein Role-Model für Stadt-Land-Partnerschaften.
In Stadt-Land-Plus werden die nötigen Aushandlungsprozesse zwischen Stadt und Land durch transdisziplinäre Forschung unterstützt. Das bedeutet, dass Kommunen und Gemeinden nicht nur Forschungsthema seien, sondern auch wichtigeForschungspartner.
Die Entwicklungen seit 2018, wie z.B. Corona, Krieg in Europa oder die Energiekrise, haben immer wieder zu neuen Fragestellungen und Nachjustierungen innerhalb der Verbundvorhaben geführt. Frau Grimm lobt, dass diese Neusortierung in den Verbundvorhaben gut gemeistert wurde. Die Auswirkungen der Ereignisse der letzten Jahre sind in den Kommunen enorm und werden noch lange spürbar sein. Jedoch ist zu erwarten, dass die Herausforderungen für die Kommunen und Gemeinden auch in Zukunft eher noch größer werden. So wird beispielsweise die Erarbeitung und Umsetzung kommunaler Wärmeleitpläne eine große Aufgabe sein, die entsprechende Aushandlungsprozesse erfordern.
Frau Dr. Grimm schließt mit einem Verweis auf rechtliche Hürden für die Umsetzung neuer nachhaltiger Lösungen. Das BMBF sei als Forschungsministerium zwar nicht in der Position, Gesetze zu beeinflussen, sie regt aber an, die Statuskonferenz als Chance zu nutzen, die in den Verbundvorhaben identifizierten rechtlichen Hürden insbesondere den Teilnehmer:innen aus den anderen Ressorts nahezubringen, um etwaige Änderungen anzustoßen.
Wie befördert Stadt-Land-Plus nachhaltige Stadt Land Beziehungen?
Nadine Pannicke-Prochnow, Umweltbundesamt stellt als Leiterin des Querschnittsvorhabens mit Blick auf die zahlreichen Gäste, die nicht einem der Verbundvorhaben zuzuordnen sind, die Fördermaßnahme Stadt-Land-Plus vor.
Die aktuellen Themen, wie Landnutzungswende, Bauwende, Energiewende und Mobilitätswende bieten Chancen und Herausforderungen zugleich. Die Chancen liegen in einer nachhaltigeren Zukunft, die Herausforderungen dafür sind jedoch die Landnutzungsänderungen und die Flächen(neu)inanspruchnahme, die mit den Maßnahmen einhergehen können. Fruchtbare landwirtschaftliche Böden und nutzbare Flächen stehen nur begrenzt zur Verfügung. Gleichzeitig zieht eine hohe Flächeninanspruchnahme negative Folgen für die Umwelt und den Menschen nach sich, z.B. durch den Verlust von Ökosystemleistungen.
Die Fördermaßnahme Stadt-Land-Plus ermöglicht die gemeinsame Entwicklung innovativer Lösungen für den Interessenausgleich im Hinblick auf nachhaltige interkommunale Wohnungsmärkte, regionale Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfung. Die Maßnahme ist in 5 Themenclustern unterteilt:
- Regionale Gerechtigkeit - Interessen zwischen Stadt und Land ausgleichen
- Regionale Integrierte Siedlungsentwicklung – Effiziente Flächennutzung stärken
- Dynamische Wohnungsmarktregionen – Strategisches Flächenmanagement entwickeln
- Regionale Stoffkreisläufe – durch Recycling Wertschöpfung erhöhen
- Regionale Produkte – nachhaltige Landnutzung etablieren
Die Fördermaßnahme umfasst 22 Verbundvorhaben in zwei Stichtagen (2018 und 2020), deren Förderung jeweils eine dreijährige Forschungsphase und eine zweijährige Umsetzungsphase umfasst. Die Anschlussfähigkeit der Verbundvorhaben an die kommunale Praxis ist eine Besonderheit der Fördermaßnahme.
Die Erkenntnisse aus Stadt-Land-Plus fließen am Umweltbundesamt unter anderem in Eigenforschungsprojekte, z.B. „UMLANDSTADT umweltschonend“, ein. Nachhaltige Stadt-Land-Beziehungen sind am UBA ein wichtiges Thema, das als Querschnittsthema in der Forschungsagenda „Urbaner Umweltschutz“ integriert ist. Dadurch wird sichergestellt, dass die Ergebnisse aus Stadt-Land-Plus auch im Umweltressort und anderen Ressorts, z.B. dem Bauressort, aufgenommen werden.
Die Präsentationsfolien zum Vortrag finden Sie hier.
Prof. Dr. Benjamin Davy, Technische Universität Dortmund beginnt seinen Vortrag mit der letzten Folie und führt aus, dass die Ungerechtigkeit als Leitbild von Stadt-Land-Beziehungen die Alle-Falle vermeide und auf die unvermeidliche Ungerechtigkeit antworte. Im Laufe seines Vortrages erklärt er seine These.
Zunächst folgt eine historische Rückschau auf Publikationen und Dokumente, die sich auf Gerechtigkeit in Stadt-Land-Beziehungen bzw. in der Raumordnung beziehen. Dabei wird deutlich, dass Gerechtigkeit in Stadt-Land-Beziehungen aus sehr unterschiedlichen Perspektiven gesehen werden kann und unterschiedlichen Vorstellungen unterliegt.
In raumwissenschaftlichen Analysen würden Stadt-Land-Beziehungen durch die Bodenrente geprägt, also durch den unterschiedlichen Marktwert von Grundbesitz. Demzufolge sei der Grund im städtischen Raum wertvoll und im ländlichen wertlos, was teils als gerecht, teils als ungerecht wahrgenommen werde. Prof. Dr. Davy verweist auf das Gartenstadtkonzept, auch als bodenpolitisches Konzept, welches ein Vorschlag für die Vergemeinschaftung der Bodenrente sei. Stadt und Land werden im Gartenstadtkonzept zu Einem gemacht, sodass es keinen Unterschied mehr zwischen Stadt und Land gibt und allen Menschen Zugang zu Allem gewährt wird. Prof. Dr. Davy relativiert dieses bodenpolitische Konzept wie folgt: „Diese Gerechtigkeitsvorstellung müsste man wohl als lebensfremd und unsinnig abtun, läge sie nicht der deutschen Raumordnung zugrunde, dem wichtigsten staatlichen Instrument zur gerechten Gestaltung und Entwicklung von Stadt-Land-Beziehungen.“
Es folgt ein Abriss über die Entwicklung der Sichtweise auf die Gerechtigkeit von Stadt-Land-Beziehungen in der Raumordnung seit 1989. Dabei werden gleichwertige Lebensverhältnisse und die Auswirkungen auf die Bevölkerung in den Mittelpunkt gerückt: “Unklar ist die Stellung des Menschen im Verhältnis zum Raum, der geordnet und entwickelt wird. Das ist, wie ich hier nur anmerken möchte, ein grundsätzliches Problem der Raumplanung. Leider spielt die Menschenwürde weder in der Raumordnung noch in der Bauleitplanung eine große Rolle als Leitbild.“ Außerdem seien bis heute in Deutschland die Lebensverhältnisse immer noch nicht gleichwertig, auch wenn das Leitbild bis heute Gültigkeit habe.
Im nächsten Teil befasst sich Prof. Dr. Davy mit den verschiedenen Maßstäben für Gerechtigkeit, die seit 1989 in der Raumordnung gelten und unterstreicht sie durch Verweise auf Philosoph:innen, Ökonom:innen und Gesellschafts- und Politikwissenschaftler:innen. Er überlegt, dass unterschiedliche Maßstäbe auch unterschiedlichen Gruppen von Menschen nützen, was im Hinblick auf die Wahl eines Gerechtigkeitsmaßstabes für Stadt-Land-Beziehungen zur Folge hat, dass alle, die einen anderen Maßstab bevorzugen, diese Wahl als ungerecht empfinden. Prof. Dr. Davy nennt dieses Dilemma „essential injustice/unvermeidliche Ungerechtigkeit“ und schaut weiter, wie der Umgang damit in jüngster Vergangenheit war. Weiterhin verweist er auf die Neue Leipzig Charta, die in der transformativen Kraft der Städte einen Hebel sehe, Chancengleichheit und Umweltgerechtigkeit für alle zu gewährleisten.
Prof. Dr. Davy sieht hierin die „Alle-Falle“, die die Unfähigkeit beschreibt, angemessen über Verteilungen unter Knappheitsbedingungen zu urteilen. Gerechtigkeit sei ein Maßstab für die Verteilung knapper Güter. Wenn alles im Überfluss vorhanden sei, wie es die absolute Chancengleichheit und Umweltgerechtigkeit voraussetzt, dann braucht es keine Gerechtigkeit mehr. Der unerfüllbare Gerechtigkeitsmaßstab schaffe Enttäuschungen. Unter Knappheitsbedingungen würden Ressourcen in der Alle-Falle nicht auf der Grundlage eines Gerechtigkeitsmaßstabes verteilt. Im Ergebnis entschiede die rohe Kraft, die Seilschaft, das Glück oder der Zufall.
Prof. Dr. Davy plädiert dafür, in Stadt-Land-Beziehungen nicht immer Dieselben gewinnen oder verlieren zu lassen, sondern stattdessen Polyrationalität ernst zu nehmen und zu schätzen.
Prof. Dr. Davys Präsentationsfolien sind hier verfügbar.
Seine Ausführungen in Textform finden Sie hier.
Das Unterhausformat ist eine Diskussionsmethode, bei der zugespitzte Fragen in den Raum gestellt werden, zu dem sich die Teilnehmenden klar einer von zwei konträren Positionen zuordnen müssen und in deutlichen Statements verteidigen. Das Format ist dem englischen Unterhaus entlehnt. Die Positionierungen dürfen durch Zurufe oder Beifall unmittelbar kommentiert werden.
Die hier dargestellten Meinungen dienen in ihrer Ausgestaltung ausschließlich der Verdeutlichung der polarisierenden Positionen im Diskussionsformat. Sie sind nicht als wahre Stellungnahme der Teilnehmenden zu den Diskussionsthemen zu verstehen, sondern sollen die Möglichkeit zur Reflektion des durchaus kontroversen Themas „Gerechtigkeit in der Raumordnung“ bieten. Durch das konfrontative Format können innerhalb kurzer Zeit in einem schnellen Schlagabtausch viele Argumente und Aspekte zusammengetragen werden, die in anderen Formaten zumeist nicht zur Sprache kommen würden. Ziel ist es dabei, neue Denkanstöße und Sichtweisen auf das „Für und Wider“ einer gerechten räumlichen Ordnung zu geben.
Die eine Partei wird durch Dr. Michael Melzer, Institut Raum & Energie und die andere Partei durch Dr. Uwe Ferber, StadtLand GmbH, angeführt. Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie übernimmt den Vorsitz des Unterhauses.
Muss räumliche Ordnung gerecht sein?
Position Partei Ferber:
- Ja! Gerechtigkeit ist zentrale Aufgabe des Staates! Das gilt insbesondere für die räumliche Ordnung.
- Diesen Grundsatz anzuzweifeln unterwirft die Raumentwicklung marktliberalen Kräften und damit dem Risiko einer ungerechten Entwicklung.
- Über die letzten Jahrzehnte wurde erfolgreich ein System der räumlichen Ordnung aufgebaut. Dieses hat nicht nur den verfassungsmäßigen Auftrag eine gerechte Raumentwicklung zu gewährleisten, sondern hat dies schon vielfach unter Beweis gestellt.
- Die Raumordnung bildet somit einen wichtigen Stützpfeiler für gleichwertige Lebensbedingungen in einer Zeit des zunehmenden „Laisse faire“.
- Auch partnerschaftliche Kooperationen zwischen verschiedenen Städten und Landkreisen, wie sie beispielsweise in den Stadt-Land-Plus-Verbudnvorhaben NaTourHuKi, ReGerecht und Interko2 entwickelt wurden, erfordern eine starke und auf Gerechtigkeit achtende Raumordnung.
- Die Herausforderungen auf dem Weg zu gerechter Raumentwicklung und gleichwertigen Lebensverhältnissen kann kein Grund dafür sein, das Streben nach Gerechtigkeit aufzugeben und eine ungerechte Entwicklung zu akzeptieren.
- Vielmehr wird die Unerreichbarkeit von Gerechtigkeit oftmals als Vorwand von den Interessengruppen genutzt, die Raumentwicklung der Beliebigkeit überlassen und damit einen Grundsatz unserer Verfassung unterhöhlen wollen. Das dient in der Regel nur einzelnen Interessengruppen und fördert Ungerechtigkeit.
- Über welche Gerechtigkeit streiten wir? Der Verzicht auf eine gerechte räumliche Ordnung verwehrt den Bewohner:innen ländlicher Räume Entwicklungschancen.
- Eine beliebige Raumentwicklung verstärkt bestehende Ungleichheiten und Ungerechtigkeit: Strukturstarke Räume werden noch stärker, strukturschwache noch schwächer. Ein Beispiel sind die überproportional hohen Investitionen im wohlhabenden Münchener Raum, während dringend benötigte Investitionen in benachteiligten Regionen Bayerns ausbleiben.
Position Partei Melzer:
- Nein! Räumliche Ordnung kann nicht gerecht sein!
- Gerechtigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse sind oberste Maxime für einen Rechtsstaat, können aber nicht über die räumliche Ordnung allein sichergestellt werden.
- Räumliche Ordnung hat es bisher nicht geschafft, Gerechtigkeit und gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und wird es auch in Zukunft nicht schaffen.
- In einer ungerechten Gesellschaft kann es keine gerechte Raumordnung geben.
- Vielmehr braucht es die Gesamtheit aller staatlichen Leistungen. Ausgleichsleistungen sind wichtiges und notwendiges Instrument.
- Statt „Einheitsbrei“ in allen Lebensräumen Deutschlands zu erzeugen, sollte sichergestellt werden, dass alle Raumfunktionen im Gesamtkontext bestmöglich erfüllt werden.
- Dies führt zwingend bei bestimmten Funktionen zu Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, z.B. unterschiedliche Gewerbesteuern oder unterschiedlichem Wachstum von Kommunen.
- Allein um im internationalen Standortwettbewerb mithalten zu können, haben unterschiedliche Räume unterschiedliche Bedürfnisse, die in der räumlichen Ordnung zu berücksichtigen sind.
- Nicht räumliche Ordnung muss gerecht sein, sondern das für die Menschen verfügbare Angebot.
Sollen schwerpunktmäßig strukturpolitische Maßnahmen verfolgt werden oder ist ein monetärer (Finanz-) Ausgleich unverzichtbar und wirksamer?
Position Partei Ferber:
- Nur auf staatlicher Ebene sind die erforderlichen Informationen und Instrumente vorhanden, um die notwendigen Anpassungsprozesse steuern zu können.
- Diese wichtigen strategischen Weichenstellungen sollten nicht den Kommunen überlassen werden. „Kommunale Wolkenschlösser“ über Sonderprogramme zu finanzieren kann nicht im Interesse einer gerechten, nachhaltigen Raumentwicklung unter der Prämisse eines effizienten Mitteleinsatz sein.
- Allein die Beschäftigung zahlreicher Rechnungsprüfungsämter mit den zu erwartenden beihilferechtlichen Verstößen kann nicht zielführend sein.
- Eine zentral gelenkte Strukturpolitik berücksichtigt vielfach Aspekte, die von den Kommunen teilweise (noch) ignoriert werden, beispielsweise die demographische Entwicklung oder der Schutz von Natur oder landwirtschaftlichen Flächen. Das oftmals immer noch vom „Kirchturmdenken“ geleitete Handeln der Kommunen birgt das Risiko weiterer irreversibler Landnutzungsänderungen und Flächeninanspruchnahmen, die sich später als ineffizient und unnötig herausstellen werden. Damit wären nicht nur wichtige Ökosystemleistungen, sondern auch die Funktionalität des Raumes in Gefahr.
- Strukturpolitik bleibt eine zentrale Aufgabe des Staats und darf kein Fass ohne Boden werden!
Position Partei Melzer:
- Strukturpolitische Maßnahmen sind meist Aktionismus und wenig nachhaltig. In planwirtschaftlicher Art und Weise wird dabei Geld in Massen rausgeworfen und doch nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt. Ein Beispiel dafür sind ausgebaute und beleuchtete Gewerbegebiete, in denen nichts passiert.
- Ein monetärer Ausgleich ist unverzichtbar. Monetäre Anreize haben schon immer besser funktioniert.
- Viel effektiver und effizienter wäre es, die Kommunen vor Ort monetär in die Lage zu versetzen, bottom-up ihre Entwicklung selbst zu bestimmen. Die Menschen vor Ort wissen selbst am besten, was sie benötigen.
- Den Kommunen wird zu oft unterstellt, dass sie das Geld nicht gut einsetzen und abrechnen können. Jedoch wird viel Geld auf Landesebene abgeschöpft und viele Fehler, die uns teuer zu stehen kommen, entstehen auf Bundesebene. Stattdessen sollte vielmehr den Kommunen ein stärkeres Vertrauen entgegengebracht werden.
Themeninseln in zwei Runden
Vorhaben: Interko2 (Anna Dunkl, Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL)), NACHWUCHS (Anne Fischer, Universität Bonn) und DAZWISCHEN (Dennis Becker, Technische Universität Dortmund)
Themenpatenschaft: Guido Sempell, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt Hamburg
Moderation: Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie
Die Steuerung des Wohnraumangebots stellt Stadt und Land vor zunehmend größer werdenden Herausforderungen. Nicht bedarfsgerechte Wohnraumangebote in Teilräumen und eine zunehmende Anzahl an Leerständen einerseits, Wohnungsneubau auf knappen Flächen und steigende Preise sowie Flächenneuinanspruchnahme oft in Konkurrenz mit den Nachbarkommunen andererseits. Um den Ungleichgewichten entgegenzuwirken und eine ausgewogene Entwicklung zu fördern, ist eine kooperative Herangehensweise zur Steuerung des Wohnraumangebots zwischen Stadt und Land wünschenswert und auf Basis belastbarer Entscheidungsunterstützungsinstrumente aufzubauen. Dies spielt dabei eine zentrale Rolle, um eine gerechte Verteilung von Wohnraum zu gewährleisten und die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu fördern. Vor diesem Hintergrund werden in der Themeninsel folgende Leitfragen diskutiert:
- Nachverdichtung oder ab aufs Land – wie kommen wir aus der Zwickmühle?
- Abschied von der Funktionstrennung – Wohnen im Umland neu denken?
Anna Dunkl stellt den Ansatz vor, den das SLP Vorhaben Interko2 im Raum Leipzig gewählt hat, um eine abgestimmte Wohnbauflächenentwicklung in der Region zu unterstützen. Ziel des Verbudnvorhabens ist es, gemeinsam mit den Akteurinnen und Akteuren in der Region interkommunale Ansätze zur abgestimmten Entwicklung von Wohnbauflächen zu erarbeiten. Entwickelt und angewendet wurde ein bausteinbasiertes System, um den regionalen Wohnbauflächenbedarf zu ermitteln und Aussagen zu den Entwicklungspotenzialen im Wohnungsbestand zu treffen. Als Grundlage für die Steuerung wurden verschiedene Aspekte analysiert: eine Status quo-Analyse der Bevölkerungsentwicklung, der Bedarf an neuen Wohnbauflächen, die Nutzung von Potenzialen im vorhandenen Bestand sowie der Eigenentwicklungsbedarf und der wanderungsbasierte Zusatzbedarf an Wohnraum. Auch die Auswirkungen von Gewerbeansiedlungen auf den Wohnraumbedarf wurden untersucht. Für die kommunalen Akteure aber auch für die wissenschaftlichen Partner:innen war überraschend, wie stark das altersbedingte Leerfallen von Wohnraum unterschätzt wurde. Die Ergebnisse bildeten im ausgewählten Testraum einen guten Ausgangspunkt für interkommunale Diskussionen zur künftigen Wohnraumentwicklung und tragen zudem dazu bei, dass die Innen- und Bestandsentwicklung ein noch größeres Gewicht bekommt. Ob identifizierte Leerstände hingegen noch marktaktiv sind, ist bisher unklar. Die entwickelten Tools und Instrumente sind für die Planungspraxis relativ einfach handhabbar, schaffen eine einheitliche und vergleichbare Datenbasis auch als Grundlage für regionale Abstimmungs- und Aushandlungsprozesse. Die Pflege der Tools wird durch den Regionalen Planungsverband Leipzig-Westsachsen sichergestellt.
Das SLP Verbundvorhaben NACHWUCHS, „Nachhaltige Agri-Urbanes zusammenWACHSEN“ im Raum Köln/Rhein-Erft-Kreis hat einen anderen Ansatz gewählt. NACHWUCHS nimmt die multifunktionale Nutzung der Flächen in den Fokus, um Flächenkonkurrenzen und dem täglichen Verlust landwirtschaftlicher Nutzflächen entgegenzuwirken. Mit innovativen, flächensparenden Raumstrukturen und attraktiven Siedlungsmodellen soll den Herausforderungen des Bevölkerungs- und SUV-Wachstums begegnet werden, betont Anne Fischer. Entwickelt wurden gemeinsame Raumbilder als Vision für die Region. Um für diese neuen Modelle Verständnis und Begeisterung zu wecken, braucht es konkrete Bilder und Ideen, wie diese agri-urbanen Visionen des Raumbildes zukünftig umgesetzt werden können.
Um diese konkreten Bilder zu generieren, wurde im Rahmen des Verbundvorhabens NACHUSCHS ein studentischer Ideenwettbewerb auf sieben Fokusflächen als beispielhafte Standorte agri- urbaner Quartiere durchgeführt. Diese Entwürfe wurden den Kommunen im Rahmen einer Ausstellung präsentiert und lösten positive Resonanz und kreative Diskussionen aus. Ein Umsetzungsleitfaden für diese Modelle und Konzepte ist bereits in Arbeit.
Dennis Becker stellt in seinem Vortrag das Verbundvorhaben DAZWISCHEN vor. Das Verbundvorhaben strebt angesichts der Strukturveränderungen eine regionale Zusammenarbeit an, um Stärken in räumlicher und ökonomischer Hinsicht zu identifizieren. Es zielt darauf ab, eine Systematisierung von Raumanforderungen, Raumtalenten und Raumwiderständen vorzunehmen. Als Anpassungslabor entwickelt das Verbundvorhaben ausgleichende Leitbilder und Entwicklungsstrategien für die erweiterte Region. Dabei wird eine harmonische Verbindung zwischen der siedlungsräumlichen Entwicklung und zukunftsfähigen Mobilitäts-, Verkehrs- und Freiraumstrukturen angestrebt. Das Verbundvorhaben hat insgesamt zwei Ansätze zur Bewältigung der Herausforderungen. Zum einen werden Entwicklungsprofile und Handlungsstrategien erarbeitet. Gleichzeitig wird ein multihierarchisches Rauminformationssystem aufgebaut, das als Hauptergebnis des Verbundvorhabens betrachtet wird.
Während der Diskussionen wurde insbesondere die Bedeutung der Verstetigung eines Verbundvorhabens betont, um langfristige und nachhaltige Effekte zu erzielen. Die Ergebnisse des Zensus 2022 wurden als äußerst wichtig erachtet, da sie eine aktuelle und zuverlässige Datenbasis für die Planung des Wohnraumangebots liefern würden. Der Ukraine-Konflikt hat einen Einfluss auf das Wohnraumangebot, insbesondere aufgrund von Fluchtbewegungen und einer erhöhten Nachfrage nach Wohnraum in bestimmten Regionen. Bislang liegen hierzu jedoch kaum Daten vor. Es bestand das Interesse daran zu erfahren, wie die Einhaltung von Nachhaltigkeitsthemen auf kommunaler Ebene sichergestellt werden kann, ohne die kommunale Planungshoheit zu beeinträchtigen. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxispartnern, insbesondere den Kommunen, wurde als entscheidend angesehen, um praxisnahe Lösungen zu entwickeln und eine effektive Umsetzung zu gewährleisten.
Vorhaben: RAMONA (Christian Sponagel, Universität Hohenheim, StadtLandNavi (Thomas Zimmerman), NaTourHuKi, (Jörg Dettmar, TU-Darmstadt), VorAB (Axel Dierich, inter3)
Themenpatenschaft: Peter Eldag, Fachbereichsleiter Baulandentwicklung bei der Niedersächsischen Landgesellschaft
Moderation: Dr. Uwe Ferber, StadtLand GmbH
Von den am Thementisch beteiligten Verbundvorhabenen der Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus“ wurde das Thema aus dem Blickwinkel einer integrativen Landschaftsplanung sowie instrumenteller Ansätze – insbesondere mit Blick auf ökologische Kompensationsmaßnahmen – in die Diskussion eingebracht. Hintergrund waren die Leitfragen:
- Inwiefern können die Ansätze aus „Stadt-Land-Plus“ als Best-Practice Beispiele genutzt werden?
- Wie kann „Stadt-Land-Plus“ dazu beitragen, neue Werkzeuge und Instrumente zu unterstützen?
Thomas Zimmermann von SL-Navi und Christian Sponagel von RAMONA stellten einführend ihre zentralen Ergebnisse des Verbundvorhabens insbesondere mit Blick auf Transfer und Praxisanwendungen vor.
Stadt-Land-Navi verfolgt den Ansatz, Siedlungs- und Kulturlandschaft kooperativ und flächensparend zu entwickeln. In dem von SL-Navi vorgelegten Konzept zum integrierten Stadt-Land-Management geht es um die Verknüpfung von Wohnbauflächenentwicklung, die Qualifizierung von Kulturlandschaft und die Verknüpfung mit der Wasserwirtschaft. Die Pilotregion war die Planungsregion Leipzig.
Zur Unterstützung der Planungsprozesse wurden für die Kommunen Bedarfsprognosen erstellt und der Wohnbauflächenbedarf abgeleitet. Für die Auswahl von Potentialflächen wurden Kriterien zur Verknüpfung von Siedlungsflächen mit der Kulturlandschaft und „Designkriterien“ für kooperative Siedlungsflächen“ vorgestellt. Mit den regionalen Stakeholdern wurden Workshops durchgeführt und Szenarien entwickelt. Das Konzept wird nun im Rahmen der Regionalplanung aufgegriffen und durch ein durch SL-Navi entwickeltes kontinuierliches Monitoring ergänzt. (www.monitor.region-leipzig.de).
In der Rückschau ist es SL-Navi gelungen, durch diesen neuen Ansatz zum kooperativen Flächenmanagement nicht nur qualitative Verbesserungen zu erreichen, sondern auch das Flächensparziel durch effiziente Steuerung von Neuausweisungen zu unterstützen. Durch den kooperativen Prozess konnte der Grundstein für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gelegt werden. Dennoch ist klar, dass die weiterhin zu erwartenden und unvorhersehbaren Ereignisse und Auswirkungen auf die Regionalentwicklung kontinuierliche Datenanalysen und ein weiteres Monitoring erfordern, um situativ auf neue Entwicklungen reagieren zu können.
Herr Sponagel von der Universität Hohenheim stellte die Ergebnisse des Verbundvorhabens RAMONA vor. Das Verbundvorhaben zielte auf die Herausforderung Kulturlandschaften zu entwickeln und zu pflegen und dabei auf die Herstellung von Biotopverbünden zu achten. Zugleich soll hierdurch der steigenden Nachfrage nach Erholungsmöglichkeiten in der Natur und dem Ziel der Auenrenaturierung Rechnung getragen werden. Das zentrale Instrument hierfür ist die Weiterentwicklung der Eingriffs- und Ausgleichsregelung, da mit diesem Instrument zugleich eine Möglichkeit zur Finanzierung von Freiraumentwicklung zur Verfügung steht. Pilot war die Region Stuttgart mit starken Flächennutzungskonkurrenzen. Im Rahmen des Verbundvorhabens wurde die Praxis der Kompensationsmaßnahmen analysiert und Leitlinien für eine Kompensation mit Mehrwert entwickelt. Der Mehrwert entsteht auf räumlicher Ebene durch eine Integration übergeordneter Planungen, sowie einer Bündelung der Maßnahmen und damit deren räumliche Flexibilisierung. Zugleich entsteht ein funktionaler Mehrwert durch die Möglichkeit multifunktionaler Kompensation. Damit kann die bisher unzureichende Zusammenschau aller Schutzgüter und eine Berücksichtigung von Artenschutz und die Förderung der Kulturlandschaft gelingen. Auch prozessual ist der Mehrwert von Bedeutung, da hier Betroffene Akteure frühzeitig in den Kompensationsprozess einbezogen werden können und ein Monitoring möglich ist. Die Umsetzung des Verbudnvorhabens fand auf der Grundlage von Landschaftsleitbildern statt, die auf eine Kooperation von Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen setzen. Diese werden nun in Pilotprojekten weiter umgesetzt. Handlungsbedarfe bestehen jedoch bezüglich der knappen personellen Kapazitäten auf kommunaler Ebene, der Notwendigkeit neuer Weiterbildungsangebote für die Einbindung ehrenamtlicher Akteure sowie der Beseitigung rechtlicher Hürden. Als Bündelungsinstrument sollte der Landschaftsplan gestärkt werden.
Professor Jörg Dettmar von der Universität Darmstadt ergänzte die einführenden Beiträge durch einen kurzen Zwischenstand zum Verbundvorhaben NaTourHuKi. Es geht um die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismuskonzepts in der Pilotregion Hanau und dem westlichen Teil des Main-Kinzig-Kreises im Kontext des Regionalparks Rhein-Main. Aktuell entwickelt das Verbundvorhaben ein Kooperationsmodell. Hierfür werden bestehenden Institutionen analysiert und Vorschläge für die Weiterentwicklung an Schnittstellen herausgearbeitet. Diesbezüglich sind die Konzepte von SL-Navi und RAMONA ebenfalls interessant. Darüber hinaus wurden im Rahmen eines studentischen Workshops landschaftsplanerische Entwürfe für die Stadt-Land-Region vorgelegt und unterstützen auch visuell das Potenzial einer interkommunalen Kooperation.
In der Diskussion wurden die nachfolgenden Aspekte angesprochen:
- Beide Modelle lassen sich auf andere Regionen übertragen, insbesondere das SL-Navi/Interko2 Bedarfsermittlungstool setzt angesichts des demographischen Wandels neue realistischere Annahmen (anonymes Zitat aus der Runde „aber wer will das schon wissen?“)
- Beitrag der entwickelten Instrumente zur Erreichung der Flächensparzieles: Eine Aufwertung und positive Erfahrbarkeit der Kulturlandschaft wird als wichtige Hürde gegenüber ausgreifenden Siedlungsflächenwachstum einschließlich höherer Dichtewerte an Flächen mit Bahnanschluss gesehen.
- Strukturelle Hemmnisse bei der Umsetzung: Beide Vorhaben stoßen auf strukturelle Hemmnisse: so sind freizeit- und tourismusbezogene Maßnahmen nicht aus Kompensationsmitteln finanzierbar und fallen ihrerseits unter die Kompensationspflicht. Eine Dachorganisation wie der Rhein-Main-Regionalpark kann hier unterstützend wirken.
- Multifunktionalität in der Flächennutzung: Alle Vorhaben unterstützen bei der Qualifizierung von Kulturlandschaft das Prinzip der Multifunktionalität unterschiedlicher Nutzungen (Energie/Landwirtschaft)
- Instrumente: Landschaftsplan sollte als Umsetzungsinstrument gestärkt werden
Jörg Dettmar, NaTourHki macht auf die massiv zunehmenden personellen- und finanziellen Engpässe in den Kommunen aufmerksam. Im Main-Taunus-Kreis stehen für freiwillige Aufgaben keine Kapazitäten zur Verfügung.
Forschung: Verknüpfung mit regionaler Ernährung, Reform der Kompensationsverordnung zugunsten landschaftsgestaltender (touristischer) Maßnahmen, Chancen/Risiken der Infrastrukturbeschleunigungsgesetze.
Vorhaben: NEILA (Malte Krämer, Stadtplanungsamt der Bundesstadt Bonn), StadtLandNavi,(Matthias Henning, Hochschule Anhalt), Prosper-Ro (Janette Iwanowski und Jan Konasch, biota - Institut für ökologische Forschung und Planung GmbH, Tim Kirchner, Landkreis Rostock, Philipp Glaß, Warnow-Wasser- und Abwasserver-band und Laurine Larsen, BN Umwelt GmbH), RAMONA (Ulrike Greifenhagen-Kauffmann, Liegenschaftsamt der Landeshauptstadt Stuttgart), DAZWISCHEN (Florian Klopfer, Technische Universität Dortmund)
Themenpatenschaft: Dr. Ellen Banzhaf, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Moderation: Lutke Blecken und Nele Scholz, Institut Raum & Energie
Regionen können die komplexen Herausforderungen hin zu nachhaltigen Raumbeziehungen im Stadt-Land-Kontext nur gemeinsam angehen. Um dafür tragfähige Strategien und Instrumente zu erarbeiten, müssen die kommunalen und regionalen Akteure die Ausgangslage in Bezug auf relevante Herausforderungen kennen, Wirkungsketten verstehen und auch die Folgen von Handlungsoptionen abschätzen können. Belastbare Datengrundlagen und daraus abgeleitetes Wissen stellt hierfür eine wesentliche Voraussetzung dar. Vor diesem Hintergrund werden in der Themeninsel folgende Leitfragen diskutiert:
- Wie können Steuerungs- und Monitoringtools durch gemeinsame Informationsgrundlagen zur Verstetigung nachhaltiger Stadt-Land-Partnerschaften beitragen?
- Wie kann eine dauerhafte Nutzung von Steuerungs- und Monitoringtools durch kommunale und regionale Anwender gesichert werden?
Malte Krämer stellt das im Rahmen von NEILA entwickelte Flächeninformations- und Analysesystem im WebGIS GeoNode vor. Dieses bietet eine regionsweit einheitliche Bewertung von Potenzialflächen für die Siedlungsentwicklung, bildet eine gemeinsame Diskussionsgrundlage und dient als Entscheidungshilfesystem für die Flächenentwicklung. Die Indikatoren für eine einheitliche Bewertung festgelegt wurden gemeinsam durch Wissenschaft und kommunale bzw. regionale Anwender:innen. Rückblickend hält es das Bearbeitungsteam für wichtig, sich während der Erarbeitung des Prozesscharakters bewusst zu sein. Im Antrag sollten daher Spielräume geschaffen werden und ein interaktives Vorgehen von Beginn an geplant werden, so dass die Systeme „vom Groben ins Feine“ erarbeitet werden können. Ein wichtiger Erfolgsfaktor waren auch bilaterale Gespräche mit den kommunalen Akteuren, um deren Interessen berücksichtigen zu können.
In der hochdynamischen Region Leipzig-Westsachsen erarbeitet StadtLandNavi Instrumente und Methoden für ein Monitoringsystem zur Analyse der Region, mit Fokus auf die Kulturlandschaft, Siedlungsentwicklung und Wohnbaupotenziale. Matthias Henning geht auf den Gestaltungsprozess der Indikatoren und Informationsgrundlagen zur Planungsunterstützung ein, die die Grundlage für das Monitoring schaffen. Dabei gilt es Informationen möglichst einfach und gebündelt bereitstellen sowie die Informationshoheit im sensiblen Umfeld zu wahren (Wohnbauplanung vs. Spekulation). Im fünfjährigen Prozess wurde deutlich, dass bestehende Indikatoren zu allgemein oder räumlich zu wenig detailliert sind und datenhaltende Stellen frühzeitig blockieren, wenn der Nutzungszweck nicht in einer gesetzlichen Verpflichtung verankert ist. Um die Zielgruppen adäquat zu erreichen, werden die Informationen des Monitoringsystems und die fachlichen Hintergründe auf unterschiedlichen fachlichen Ebenen aufbereitet.
Ziel des Verbudnvorhabens DAZWISCHEN ist es den Strukturwandel im Rheinischen Revier zukunftsfähig zu gestalten, so Florian Klopfer. Dabei soll ein Entscheidungshilfesystem in Form eines multihierarchischen Rauminformationssystems eine fundierte Wissensgrundlage für Planungs- und Entscheidungsprozesse liefern. Vor dem Hintergrund des Strukturwandels ist es notwendig, räumliche und wirtschaftliche Stärken zu identifizieren und eine Systematisierung von Raumansprüchen, Raumbegabungen und Raumwiderständen vorzunehmen. Als Generator werden ausgleichende Leitbilder und Entwicklungsstrategien für die erweiterte Region konzipiert. Dabei wird die Siedlungsentwicklung mit zukunftsfähigen Mobilitäts-, Verkehrs- und Freiraumstrukturen in Einklang gebracht. Zur Verstetigung soll nach Ende des Verbudnvorhabens eine eigene Stelle eingerichtet werden.
Das im Verbundvorhaben Prosper-Ro erarbeitete GiS-basierte Entscheidungsunterstützungssystem GIS-Eus wird durch Janette Iwanowski und Jan Konasch, Tim Kirchner, Philipp Glaß und Laurine Larsen vorgestellt. Ein zentrales Ergebnis ist das GiS-basierte Entscheidungsunterstützungssystem GIS-Eus, mit dem Standortentscheidungen unter Berücksichtigung ökologischer Auswirkungen bewertet werden können. Die Anwendung über die Förderphase hinaus ist durch den bereits an der Entwicklung beteiligten Praxispartner gesichert. Außerdem wurde eine GIS-gestützte Standortidentifizierung für Wertstoffhöfe durchgeführt, um Erreichbarkeitshemmnisse im Bringsystem zu identifizieren und Vorschläge für neue Standorte zu unterbreiten. Die Abwägung raumplanerischer Optionen erfolgt unter Berücksichtigung von Ökosystemleistungen (z. B. Wasserrückhaltevermögen oder Grundwasserneubildung). Eine Herausforderung war dabei die Überwindung administrativer Grenzen und die entsprechende Überzeugungsarbeit bei den Akteuren.
Das Verbundvorhaben RAMONA hat das Ziel, in der Region Stuttgart, wo ein hoher Flächendruck herrscht, die Eingriffsregelung in landschaftsbezogene Stadt-Umland-Strategien einzubinden und so sinnvolle Ausgleichsmaßnahmen umzusetzen. Ulrike Greifenhagen-Kauffmann, präsentiert die für diesen Zweck entwickelten Leitbilder für verschiedene Landschaftstypen. Diese stellen die Basis für einen Ziel- und Maßnahmenkatalog dar, der zu einer Kompensation mit Mehrwert (räumlich, prozessual und funktional) führen soll und so die Akteure bei der Suche nach geeigneten Flächen unterstützt. Ein wichtiges Ziel ist es, die Akzeptanz der Kompensation durch eine konfliktfreie Umsetzung zu erhöhen, Synergieeffekte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zu nutzen und betriebswirtschaftliche Optionen aufzuzeigen. Bedeutende Instrumente hierfür sind vorweggenommene Kompensation oder Ökokonten sowie die produktionsintegrierte Kompensation (PiK). Zentrale Herausforderungen für die Verstetigung sind die Kommunikation mit der Landwirtschaft, den Kommunen und Behörden, das Verständnis für bzw. die Transparenz des Marktes für Ökopunkte/freiwillige Kompensationsmaßnahmen sowie die rechtlichen Anforderungen für PiK. Für die Verstetigung wird auf das Eigeninteresse der Kommunen gesetzt. Die Maßnahmen sind nach Leitbildern geordnet im Wissenspool anschaulich dargestellt: http://www.fona-ramona.de/wissenspool.html
Die vorgestellten Verbundvorhaben zeigen, dass Monitoring- und Entscheidungsunterstützungstools einen Beitrag zur Verstetigung von Stadt-Land-Partnerschaften leisten können, indem sie Transparenz über regionale und kommunale Entwicklungen und damit ein regionales Bewusstsein schaffen.
Viele der Verbundvorhaben berichten von der Herausforderung einer fehlenden Datenharmonisierung und unterschiedlichen Datenerhebungen oder Definitionen zwischen den Verwaltungseinheiten und Bundesländern. Bezüglich der Anwendbarkeit und Verstetigung der Systeme empfiehlt es sich, die späteren Anwender:innen in den Prozess mit einzubeziehen (im besten Fall als Praxispartner) und die fortlaufende Aktualisierung der Daten zu klären. Dadurch kann auch die Darstellung und Nutzbarkeit durch kommunale und regionale Anwender:innen vorab geprüft und sichergestellt werden. Neben der Auswahl der Indikatoren wird auch die Frage diskutiert, wer Zugang zu den Systemen und Informationen erhält: Hier besteht z. B. die Befürchtung, dass Investoren durch die Information die Preise beeinflussen könnten, weshalb geprüft werden müsse, welche Informationen öffentlich zugänglich sein sollten.
Vorhaben: NEILA (Katharina Fesel, Technische Universität Dortmund und Dr. Mehmet Sarikaya, Rhein-Sieg-Kreis), ReGerecht (Agl. Prof. Dr. Thomas Weith, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.), Logist.Plus (Prof. Dr. Kim Philip Schumacher, Universität Osnabrück) und SUSTIL (Jannis Pfendtner und Christoph Schwenck, Leuphana Universität Lüneburg)
Themenpatenschaft: Prof. Dr. Jörg Knieling, HafenCity Universität Hamburg
Moderation: Julia Reiß und Dr. Michael Melzer, Institut Raum & Energie
In allen Verbundvorhaben in der Fördermaßnahme „Stadt-Land-Plus“ werden Mechanismen für stadtregionale Entwicklungs- und Governanceprozesse mit z.T. sehr unterschiedlicher Schwerpunktsetzung behandelt, z.B. in Bezug auf einzubindende Akteure, den Grad der angestrebten Institutionalisierung oder den räumlichen Bezug. Dabei ist deren Bandbreite und Herangehensweise so groß wie auch die Bandbreite der Themen in der Fördermaßnahme. Vor diesem Hintergrund werden in der Themeninsel folgende Leitfragen diskutiert:
- Was sind Voraussetzungen dafür, umsetzungsstarke Governancestrukturen in Stadt-Land-Beziehungen auszubilden?
- Wie sollten diese Strukturen konkret ausgestaltet sein, welche Themen können sie behandeln und welche Akteure müssen dafür eingebunden sein?
Voraussetzungen für umsetzungsstarke Governancestrukturen seien laut Katharina Fesel ein gemeinsames Problemverständnis, gemeinsame Diskussionsgrundlagen, Transparenz zu schaffen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Des Weiteren sei bei informellen Kooperationsagreements, wie es bei dem regionalen Arbeitskreis Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler (:rak) im Verbundvorhaben NEILA der Fall ist, die Freiwilligkeit und Möglichkeit des Ausstieges transparent zu kommunizieren. Ebenso sei es wichtig, den Regionszuschnitt auf das Problemverständnis anzupassen, die Politik frühzeitig einzubinden und eine breite Kommunikation zu führen mit transparenten „Spielregeln“ und Entscheidungsbefugnissen. Zeit, Geduld und Energie sind wichtig für einen langfristigen Vertrauensaufbau. Auch sollte von Beginn an kritisch hinterfragt werden, ob Aufgabe/ Problemstellung zur Institution/den eigebundenen Akteuren passt. Das Verbundvorhaben NEILA habe einen wichtigen Anschub zur Diskussion der Weiterentwicklung (Themenschwerpunkte, (personelle) Ressourcen, Kooperationsformen) und über neue Verbindlichkeiten im :rak gegeben, so Dr. Mehmet Sarikaya (Rhein-Sieg-Kreis).
Agl. Prof. Dr. Thomas Weith fügt zu Voraussetzungen und Ausgestaltung von umsetzungsstarken Governancestrukturen hinzu, dass auch immer gesetzliche Vorgaben die Struktur der Zusammenarbeit vorgeben/beeinflussen und personelle Kapazitäten geschaffen werden sollten. Die Ausbildung einer Leadership, unabhängig von Akteuren, sei für eine langfristige Zusammenarbeit entscheidend. Das Verbundvorhaben ReGerecht habe mit der Analyse der Stadt-Land-Verflechtung und der Landnutzungskonflikte sowie der Diskussion zum Thema Gerechtigkeit die Kooperation in der Region Schwerin gestärkt. Eine Analyse der Akteure und deren Konflikte sowie das Verständnis des Stadt-Land-Nexus ermögliche es, gezielte Instrumente und Mechanismen zur Stärkung von Governancestrukturen anzuwenden. Um beispielweise die emotionale Bindung zwischen verhärteten Akteurskonstellationen (z.B. durch seit Jahrzehnten bestehende Auseinandersetzungen) aufzubauen, hat ReGerecht Ausflüge organisiert (Busfahrten), um mit gemeinsamen Erlebnissen das Verständnis füreinander zu fördern und Vertrauen aufzubauen.
Das Verbundvorhaben Logist.Plus baut auf übergreifenden Governancestrukturen und eine Zusammenarbeit in kooperativen Netzwerken auf. Prof. Dr. Kim Philip Schumacher erklärt, dass hierfür u. a. diverse (fachliche) Beratungs- und Sensibilisierungsformate für politische Entscheidungsträger:innen erarbeitet werden, um für das Thema Logistik und die Region zielgerichtete Instrumente und Mechanismen für eine umsetzungsstarke Governancestruktur zu finden. Positive Rückmeldung habe das Verbundvorhaben vor allem auf die Austauschplattform zur Diskussion potentieller Logistikstandorte erhalten. Kontrovers wird hierbei derzeit diskutiert, welche Akteure und zu welchem Zeitpunkt diese eingebunden werden sollten. Ergänzt wird zu den vorhergehenden Inputs, dass die Akteurskonstellation abhängig von Themenfeldern und jeweiligen Governance-Instrumenten seien und oftmals Fingerspitzengefühl bei der Akteursansprache gefragt ist. Es gilt auch, auseinandergehende interne Divergenzen zu berücksichtigen. Beispielhaft wird hier die Gebietskörperschaft genannt, die interne Interessenkonflikte auszugleichen hat durch Kommunikation nach innen. Derzeit bearbeitet Logist.PLUS u.a. die Herausforderung, wie die entwickelten Governancestrukturen nach Ende des Verbundvorhabens bestehen bleiben können.
Jannis Pfendtner und Christoph Schwenck erwähnen, dass bei dem Verbundvorhaben SUSTIL bei der Akteurskonstellation mit dem bottum-up Ansatz möglichst breit gearbeitet wird, sich das Verbundvorhabenteam aber auch Grenzen der Einbindung setzen muss. SUSTIL setzt bei der transdisziplinären Vorgehensweise auf gegenseitiges Lernen und hat die Erfahrung gemacht, dass bestimmte Akteure Themen auch erst zu einem späteren Zeitpunkt aufgreifen. Auch sei es einfacher, Institutionen statt Akteure aus der Zivilgesellschaft einzubinden. Die Analyse von Synergien sei sehr hilfreich, um bestimmte Akteure auch für Themen über das Thema des Verbundvorhabens hinaus einbinden zu können.
Neben den angesprochenen Voraussetzungen für umsetzungsstarke Governancestrukturen diskutieren die Teilnehmer:innen, dass auch Themen interkommunal aufzuteilen seien und die interkommunale Zusammenarbeit mit konfliktärmeren Themen zu beginnen sollte, um eine emotionale Bindung und Vernetzung der Akteure zu schaffen. Um etablierte Strukturen nach Ende des Verbundvorhabens zu verstetigen, sollte bereits früh über Anschlussfinanzierung und Aufgaben- und Verantwortungsübertragung auf entsprechende Akteure nachgedacht werden. Es stellt sich die Frage, wie zentrale Akteure zusammengebracht und ein Gemeinschaftsgefühl erzeugt werden kann. Dabei setzte auch das Verbundvorhaben NaturTourHuKi auf die Organisation von gemeinsamen Erlebnissen (z.B. Busfahrten). Bei dem Thema Kooperation sei notwendig, das Verhältnis zwischen Akteuren zu untersuchen, um Konflikte nicht nur besser verstehen, sondern diese auch gezielt abbauen zu können und ein Gemeinschaftsgefühl bei den Akteuren zu erzeugen.
Verbundvorhaben: WieBauin (Nourdin Labidi, TU Darmstadt und Natascha Roth, TU Darmstadt), INTEGRAL (Leonie Gerking, TU Dresden und Brenda Uhlig, Stadt Dresden), CoAct (Volker Kromrey, Bodnesee-Stiftung und Ulrich Gehrlein, Institut für ländliche Strukturforschung), ReGIOcycle (Viktor Klein, Trägerverein Umwelttechnologie-Cluster Bayern e.V.)
Themenpatenschaft: Gabi Schock, Umweltberaterin
Moderation: Nadine Pannicke-Prochnow, Umweltbundesamt
In Themeninsel 5 „Wertschöpfung durch regionale Stoffkreisläufe initiieren“ haben sich die Verbundvorhaben des Themenclusters „Regionale Stoffkreisläufe“ in zwei Themenblöcken präsentiert und diskutiert.
Die zentralen Leitfragen waren:
- Inwiefern können Reallabore dazu beitragen, die Ansätze aus Stadt-Land-Plus zu etablieren und Best-Practice Beispiele zu schaffen?
- Wie kann Stadt-Land-Plus dazu beitragen, die Beteiligung von Bürger:innen an der Kreislaufwirtschaft zu erhöhen?
Im Themenblock „mineralische Stoffströme“ stellten die Verbundvorhaben WieBauin und INTEGRAL ihre Werkzeuge und Erkenntnisse vor. Im Vortrag von Nourdin Labidi und Natascha Roth für WieBauin wurde die Wiederverwendung von Baumaterialien mittels Bauteilbörse thematisiert. Leonie Gerking und Brenda Uhlig zeigten für INTEGRAL die aktuellen Herausforderungen beim Recycling mineralischer Baustoffe in der Landeshauptstadt Dresden und dem Landkreis Meißen auf. Im zweiten Themenblock „organische Stoffströme“ präsentierten die Verbundvorhaben CoAct und ReGIOcycle ihre Ergebnisse. Volker Kromrey und Ulrich Gehrlein präsentierten für CoAct ein integriertes Stadt-Land-Konzept zur Erzeugung von Aktivkohle und Energieträgern aus Restbiomassen. Bei Viktor Klein für ReGIOcycle stand die Vermeidung und Reduzierung von Kunststoffabfällen, z.B. mit dem „Augsburger Becher“, im Vordergrund. Die Reihenfolge der Themenböcke sowie die Abfolge der Vorträge innerhalb der Themenblöcke wurden am zweiten Tag getauscht.
Nach jedem Themenblock erfolgte eine stoffstromspezifische Reflektion und Diskussion durch und mit Themenpatin Gabi Schock. Als Umweltberaterin entwickelt sie auf nationaler wie internationaler Ebene Konzepte für Kommunen und Regionen und hat zahlreiche Erfahrungen in der Beratung von Unternehmen und Kommunen gesammelt und als Referentin für Kommunalpolitik bei den Stadtwerken Düsseldorf AG sowie ehemaliges Vorstandsmitglied der DGAW – Deutschen Gesellschaft für Abfallwirtschaft und mit Aufnahme in die Liste fachkompetenter Berater der Europäischen Kommission kann sie aktuelle Aktivitäten und Trends auf den verschiedene Governance-Ebenen in die Diskussion einbringen.
Im Bereich der mineralischen Stoffkreisläufe brachte Frau Schock ein, dass es im Bauabfallbereich die drei Ebenen Abriss, Handel und Wiederverwendung zu beachten gibt. Diese werden in Deutschland aber oft vermischt. Dabei ist nicht jedes zurückgebaute Material dem Abfallrecht zuzuordnen: wenn die Baumaterialien und Bauteile über eine Handelsplattform zum Weiterverkauf angeboten werden, würde keine Entledigung erfolgen und somit auch keine Anwendung des Abfallrechts. In diesem Bereich sind auf europäischer Ebene in den nächsten Jahren verschiedene Aktivitäten zu erwarten.
In diesem Zusammenhang gewinnt auch der selektive Rückbau an Relevanz. Voraussetzung für den Handel der zurückgebauten Materialien und Teilen ist die Schadstofffreiheit. Eine pragmatische Lösung zur Erfassung der Schadstoffbelastung sind Gebäudematerialpässe sowie kommunale Materialkataster, so wie bspw. im Verbundvorhaben INTEGRAL entwickelt. Dabei gilt oft: Je älter das Gebäude, desto geringer die Schadstoffbelastung. Auch ist die Recyclingfähigkeit bei neueren Gebäuden und Materialien oftmals geringer aufgrund der darin enthalten Klebstoffe, z.B. bei Verbundstoffen. Gebäudematerialpässe werden auch von der europäischen Circular Economy-Strategie vorgesehen, allerdings sind die Kommunen bislang kaum darauf vorbereitet.
In diesem Zusammenhang stellt sich weiterhin die Frage, wie die dazugehörige Logistik, Transporte und Lagerhaltung aussehen müssen, damit sie effizient sind. Zu bedenken ist dabei die Regionalität der Logistik, denn aufgrund des hohen Gewichts und der geringen Wertschöpfung sind Transporte von Baumaterialien i.d.R. nur bis ca. 30 km wirtschaftlich. Weiterhin ist zu bedenken, dass Recycling-Baustoffe lediglich einen Anteil ca. 30 % der benötigten Baumaterialien abdecken. Demzufolge ist eine sinnvolle Mischung aus Primär- und Sekundärmaterialien nötig.
Die Vertreter:innen des Verbundvorhabens WieBauin wurden gefragt, was der Mehrwert des entwickelten Bauteilkreisels ist und worin der Unterschied zu anderen Plattformen, wie bspw. Ebay-Kleinanzeigen, besteht. Dieser besteht vor allem in den zusätzlichen Informationen, die in verschiedenen Leitfäden oder Praxisbeispielen über die Plattform zur Verfügung gestellt werden. Auch das Finden von Handwerkern, die fähig und bereit sind, die älteren Bauteile wieder zu verbauen, wird so erleichtert. Das trägt auch zur Vergrößerung von (regionalen) Netzwerken bei.
Die Themen „Graue Energie“ und Lagerung sollten bei Bauteilen und –materialien stärker berücksichtigt werden. Über das Einbeziehen von Bauhöfen könnten auch die Kommunen beteiligt werden. Als Best-Practice-Beispiel schreitet die Stadt Zürich voran, die ein Kataster entwickelt und Vorgaben für die Verwendung von Recycling-Beton für den Bau sämtlicher öffentlicher Gebäude formuliert haben, was die Marktbildung anregen soll. Problematisch kann in diesem Zusammenhang allerdings das Fehlen eines Anbieters in der Region oder von Gütesicherung und Gewährleistung sein. Hier können Projekte helfen, Impulse zu setzen und Aktivitäten anzustoßen sowie Lösungsansätze weiterzuentwickeln. Reallabore sind momentan eher noch Zukunftsmusik, stellen aber eine gute Möglichkeit dar, um auch die Bürger:innen mitzunehmen.
Im Block zu organischen Reststoffen reflektierte Gabi Schock, dass in jedem Fall eine offene Stakeholderbeteiligung wichtig ist. Das systemische Kreislaufwirtschafts-Verständnis der EU befürwortet, dass Rohstoffpotentiale und Verwertungsoptionen gemeinsam mit Stakeholdern identifiziert und analysiert werden. Dabei sollten nicht nur Landwirt:innen und Verwerter:innen in den Aushandlungsprozess einbezogen werden, da mit zunehmenden Aktivitäten im Bereich der Bioökonomie mit zunehmenden Nutzungskonkurrenzen zu rechnen sein wird.
Weiterhin wurde diskutiert, wie die auf europäischer Ebene zu erwartende Verpflichtung zum biogenen Ursprung von Einwegkunststoffen gehandhabt werden soll. Es ist fraglich, ob ein Logo zukünftig ausreicht, um klarzustellen, ob ein Produkt in der Biotonne oder im gelben Sack entsorgt werden muss. Die Konkurrenz zu fossilen Alternativen ist und bleibt eine sehr große Herausforderung: Der Augsburger Becher des Verbundvorhabens ReGIOcycle würde das Dreifache kosten, wenn er aus Biokunststoff hergestellt würde. Eine Integration in die CO2-Bepreisung bzw. ein Ausgleich für die erzielten CO2-Einsparungen wären hier hilfreich.
Bei den offenen Fragen bzgl. Skalierung, Technik, stofflicher und rechtlicher Belange, z.B. bzgl. Schadstoffen im Straßenbegleitgrün, im Verbundvorhaben CoAct könnte zunächst auch kostengünstigere und breiter einsetzbare Biokohle hergestellt werden, bevor die Spezialisierung auf Aktivkohle hinzukommt. Auch das Andocken an Biogasanlagen könnte sinnvoll sein, um Synergien zu nutzen.
Reallabore könnten hier durchaus eine Option sein, um neue Konstellationen von Playern auszuprobieren, die zuvor nicht zusammengearbeitet haben und z.B. neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Reallabore können auch den Transformationsprozess unterstützen und neue Wege ermöglichen, um z.B. funktionierende Wertschöpfungsketten aufzubauen. Wichtig ist dann aber auch, dass man über die Einzelbeispiele hinauskommt und die Erkenntnisse in die breite Anwendung kommen.
Grundsätzlich sollte der Transformationsprozess in Stadt-Land-Beziehungen stärker berücksichtigt werden. Kommunen können auch hier vor allem im Rahmen der öffentlichen Beschaffung wichtige Beiträge leisten.
Verbundvorhaben: VoCo (Johanna Braune, Universitäts- und Hansestadt Greifswald,
Dr. Christine Braun, Landkreis Vorpommern-Rügen und Dr. Michael Rühs, Universität Greifswald), WERTvoll (Raphael Weber, Stadt Leipzig und Ludwig Hentschel, Gemeinde Brennewitz), ReProLa (Franziska Kellerer, Institut CENTOURIS, Universität Passau und Norbert Metz, Landschaftspflegeverband Mittelfranken), Olga (Anke Hahn, Stadt Dresden und Marilisa Hechet, Technische Universität Dresden), KOPOS (Sebastian Rogga, Zentrum für Agrarlandschaftsforschung)
Themenpatenschaft: Almut Jering, Umweltbundesamt
Moderation: Veronika Jorch, Umweltbundesamt
Einige der Verbundvorhaben in Stadt-Land-Plus forschen und erproben, wie eine nachhaltige Nahrungsmittelversorgung durch regionale Produkte gelingen kann. Die Nahrungsmittelversorgung verbindet unmittelbar Stadt und Land, da der ländliche Raum zumeist als Produktionsstätte dient, während im städtischen Raum primär die Vermarktung und der Konsum erfolgt. Dies zieht nach sich, dass im ländlichen Raum Flächen für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen müssen und der Transport von Nahrungsmitteln zu den Verbrauchenden sowie der Vertrieb organisiert werden muss.
Zentrale Diskussionsfragen waren:
- Können die Ansätze zur regionalen Produktion aus Stadt-Land-Plus Nachhaltigkeit auch über die Region hinaus fördern?
- Wie können regionale Produkte zum Bewusstsein für eine Region und Landschaft sowie deren Schutz beitragen?
Am Ersten Tag lag der Schwerpunkt der meisten vortragenden Verbundvorhaben neben der Vermarktung auf den logistischen Herausforderungen in der Wertschöpfung regionaler Produkte. Am zweiten Tag wurden vermehrt landschaftliche Aspekte und Landnutzungsfragen angesprochen.
Im Verbundvorhaben VoCo wurden für die Vermarktung sowohl ein zweimal pro Jahr stattfindender Regionalmarkt, angedockt an den Wochenmarkt in Greifswald, etabliert, als auch ein Pop-up-Regionalladen. Beides sind bzw. waren Anlaufstellen für Verbrauchende, um mit Erzeugenden in Kontakt zu treten und ein Bewusstsein für regionale Produkte zu erlangen. Auch in anderen Bereichen arbeitet das Verbundvorhaben daran, regionale Erzeugerbetriebe bei der lokalen Bevölkerung, aber auch untereinander, bekannter zu machen, sei es durch landschaftliche Lehrangebote, Wegweiser für regionale Produkte, Netzwerkveranstaltungen oder das Unterstützen von Online-Plattformen.
Raphael Weber und Ludwig Hentschel haben mit dem Verbundvorhaben WERTvoll Aktionstage in der Gemeinschaftsverpflegung organisiert, bei dem ein regionales Gericht mit regionalen Produkten in Großkantinen gekocht und verkauft wurde. Das Kantinenpersonal wurde zuvor gezielt zu den Erzeugerbetrieben eingeladen, sodass auch hier eine Sensibilisierung für die Produkte erlangt werden konnte. Die garantierte Abnahme und Weiterverarbeitung von regionalen Produkten ist häufig eine Lücke in der regionalen Wertschöpfung. Die Zusammenarbeit mit Kantinen kann dem entgegenwirken, gleichzeitig werden Endverbrauchende durch das Essen der regionalen Gerichte an das Thema herangeführt.
Auch im Verbundvorhaben OLGA stellt die Weiterverarbeitung ein Problem dar. Anke Hahn erklärt ihren Ansatz, sich auf Hülsenfrüchte zu fokussieren, da diese in der Region Dresden angebaut und vermarktet werden können. Der Zwischenschritt der Verarbeitung soll u.a. durch einen mobilen Soya-Toaster gedeckt werden. Das Verbundvorhaben hat mit der Praxisphase erst begonnen. Auch KOPOS ist erst am Anfang der Praxisphase. In Freiburg testet das Verbundvorhaben wie regionale Produkte unterschiedlicher Erzeugender gemeinsam auf dem Großmarkt vermarktet werden können.
Die Vermarktung von regionalen Lebensmitteln kann auch durch die Verknüpfung mit Kultur und Landschaft erfolgen. Norbert Metz stellt die Dachmarke Streuobst, einem Teilprojekt von ReProLa, vor. Die Dachmarke bündelt vorhandene Strukturen und Marken regionaler Produktions- und Verarbeitungs-Betriebe, die mit Streuobst in der Fränkischen Schweiz arbeiten. Die Streuobstwiesen und damit Produkte, die dort ihren Ursprung haben, werden als Teil des Kulturguts und des besonderen Landschaftsbilds empfunden, was die Verbrauchenden anspricht. Gleichzeitig wird durch die gezielte Vermarktung der Streuobstwiesen-Produkte ein Anreiz geschaffen, Streuobstwiesen, welche einen hohen Wert für Biodiversitäts- und Landschaftsschutz darstellen, in der Region zu erhalten,. wobei Norbert Metz erwähnt, dass auch Förderungen für Streuobstwiesen ein Faktor für den Erhalt dieser besonderen landwirtschaftlichen Nutzung spielen.
Michael Rühs von VoCo wirft ein, dass es nicht in jeder Region solch offensichtlich „schönen“ Produkte wie Kirschen von Streuobstwiesen gibt. Man müsse ehrlich sein, welches Produkt in welcher Region funktioniert. Die betrifft nicht nur die Vermarktung, sondern auch die Möglichkeit zum Anbau, also die landschaftlichen und naturräumlichen Voraussetzungen.
Ein anderes Beispiel, bei dem durch die Vermarktung von regionalen Produkten Landschaftsschutz betrieben werden soll, wird von Ludwig Henschel angeschnitten. Im Verbundvorhaben WERTvoll wird ein Mehrnutzungskonzept mit regionalem Anbau und Vermarktung im Wassereinzugsgebiet der Trinkwasserversorgung der Stadt Leipzig erprobt.
Um Landschaftsschutz durch den regionalen Anbau und Vermarktung unterstützen zu können, muss zunächst der Zugang zu Land für Anbauende vorhanden sein. Sebastian Rogga verweist hier auf den zweiten Ansatz von KOPOS: Das Verbundvorhaben arbeitet mit dem Tiny Farms Project in Brandenburg zusammen. Einsteigenden in die Landwirtschaft wird durch Ausbildung und dem Zugang zu sehr kleinen Ackerflächen die Möglichkeit geboten, Kleinstproduzierende zu werden. Regionale Produkte werden häufig durch Markteinsteigende und kleine Betreibe erzeugt, gleichzeitig können kleine Betreibe mit kleinen Anbauflächen die Diversifizierung der Landschaft fördern.
Die häufig geringe Größe und geringe Absatzmengen von Betrieben, die regionale Produkte erzeugen, stellen häufig ein Problem für den Transport von regionalen Produkten und ihrer Klimabilanz dar. Wenn für kleine Produktmengen ein:e Landwirt:in alleine mit einem Fahrzeug den Transport zum Vertrieb oder zur Verarbeitung organisieren muss, verschlechtert sich die Klimabilanz der Produkte. Mehrere Verbundvorhaben haben sich deshalb mit innovativen Transportkooperations-Tools auseinandergesetzt. Johanna Braune und Dr. Christine Braun von VoCo berichten, dass bereits die bloße Vernetzung der Erzeugenden durch Veranstaltungen und eine gemeinsame Online-Plattform zu Gemeinschaftstransport führen kann. Im Verbundvorhaben ReProLa wurde dafür eigens eine App, die mögliche Lieferbeziehung sichtbar macht, entwickelt. Franziska Kellerer erläutert, dass die Vernetzung der Produziereden ein weiterer Mehrwert ist, gleichzeitig sinken Kosten und Kohlenstoffausstoß durch den Gemeinschaftstransport.
Impressionen: Themeninseln
Bei einer Führung durch die Stadt Bamberg wird den Teilnehmenden die kulturhistorische Bedeutung Bambergs nahegebracht. Bamberg hat den Status einer UNESCO-Weltkulturerbestadt inne und ist Teil der Metropolregion Nürnberg. Die Metropolregion ist mit 23 Landkreisen und 11 kreisfreien Städten, viele davon in der Größenordnung von Bamberg mit 30.000 bis 70.000 Einwohnern, polyzentral aufgestellt und weist ein spannendes Verhältnis von städtischen und ländlichen Räumen auf. Mit ca. 540.000 Einwohnern ist Nürnberg die größte Stadt in der Metropolregion.
Die Führung endet in den Haassälen in der Bamberger Altstadt, wo der Abend mit einem Vortrag und einer lokalen musikalischen Darbietung ausklingt, die das Lebensgefühl in der Metropolregion in drei Liedern vorstellt
Johann Kalb, Ratsvorsitzender der Metropolregion Nürnberg und Landrat des Landkreises Bamberg begrüßte zum Auftakt des 2. Konferenztages die Teilnehmenden. Er unterstrich die Bedeutung von Stadt-Land-Kooperationen bei den aktuellen regionalen Transformationsprozessen insbesondere in der Landwirtschafts- und Ernährungsindustrie. Auch die Energiewende stellt die Metropolregion Nürnberg mit nur begrenzten Flächenverfügbarkeiten für Wind- und Solarenergie in historischen Altstädten, insbesondere einer Welterbestätte wie Bamberg, vor große Herausforderungen. Hinzu kommt eine anhaltend hohe Flächeninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr. Die Unterstützung der Wissenschaft ist ein wichtiger Baustein bei der Bewältigung dieses Transformationsprozesses. Besonders gelungen ist dies im BMBF-Verbundvorhaben ReProLa mit intensiven Kooperationen, die in einen Aktionsplan für Regionalprodukte eingeflossen sind.
Jonas Glüsenkamp, Zweiter Bürgermeister der Stadt Bamberg begrüßt die Teilnehmer und unterstreicht die Bedeutung des Weltkulturerbe-Status für die Stadtentwicklung Bambergs und insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung. Auch die Einbindung dieser Aktivitäten in die Metropolregion Nürnberg ist von großer Bedeutung. Hier werden Brücken zwischen Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft im Stadt-Land-Kontext gebildet. Gerade das Verbundvorhaben ReProLa hat einen wichtigen Beitrag zur Lösung von Nutzungskonflikten zwischen Landwirtschaft und Siedlungsflächenentwicklung geleistet.
Das Thema „rechtliche Hürden“ ist für das BMBF und für fast alle Verbundvorhaben von erheblicher Bedeutung. Deshalb hat das Querschnittsvorhaben in Abstimmung mit dem PTJ die Verbundkoordinator:innen bereits im Januar 2023 gebeten, die in ihrem Vorhaben jeweils als relevant identifizierten „Hürden“ zu beschreiben und möglichst Empfehlungen für Verbesserungen zu formulieren. Auf diese Abfrage gingen insgesamt über 150 Nennungen relevanter rechtlicher Hürden ein. Diese wurden vom Querschnittsvorhaben aufbereitet und mit den Themenfeldern Ressourcenschutz und -kreisläufe, Raumordnung und Baurecht, Datenverfügbarkeit / Datenschutz, Vergaberecht und Fördersysthematik geclustert. Eine erste Auswahl von 21 Hürden wurde dann am 17. April 2023 in einem Online-Workshop mit den Vertreter:innen der Verbundvorhaben mit dem Ziel diskutiert, für eine vertiefte Diskussion bei der Statuskonferenz eine „top-ten“-Liste rechtlicher Hürden vorzubereiten.
In Ergebnis entstand eine Liste mit den 15 bei dem Workshop als toprelevant bewerteten Hürden. Diese wurden durch das Querschnittsvorhaben vorgestellt und jeweils durch eine:n Vertreter:in eines Verbundvorhabens vertieft kommentiert:
Ressourcenschutz und Kreisläufe
- Landwirtschaftliche Flächen schützen, Andrea Früh Müller (ReProLa)
- Kompensationsregelungen klären und integrieren, Christian Sponagel (RAMONA)
- Stoffkreisläufe schließen/Abfalldefinition, -eigenschaften klären, Kim Nobis (WieBauIn)
- Bewertung von Ökosystemleistungen sichern, Jannik Schilling (Prosper-Ro)
- Moorböden sichern und wiederherstellen, Michael Rühs (VoCo)
Raumordnung und Baurecht
- Regionalplanung sichern, Thomas Zimmermann (StadtLandNavi)
- Verbindliche Flächensparziele festlegen, Andreas Obersteg (KOPOS)
- Innenentwicklung erleichtern und fördern, Timo Heyn (NACHWUCHS)
- Enteignungsmöglichkeit erleichtern, Thorben Sell (Interko2)
- Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe aufnehmen, Christine Katz (VorAB)
- Interkommunale Vorgehensweise unterstützen, Ellen Wahls (ReGerecht)
Datenverfügbarkeit für Nachhaltige Stadt-Land-Beziehungen
- Daten nutzen: Fehlender Zugriff auf Daten/Kantabilität von Daten, Matthias Henning (StadtLandNavi)
Vergaberecht
- Kriterium Regionalität aufnehmen, Arian Gülker (WERTvoll)
- Ökologische und Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, Christine Katz (VorAB)
Fördersysthematik
- Widersprüchliche Förderpraxis harmonisieren, Ulrike Ahlers (SUSTIL)
Die Präsentation zu den Rechtlichen Hürden können Sie hier einsehen.
Zur Bewertung der Bedeutung der vorgestellten Hürden und zur Strukturierung des Weiteren Vorgehens wurde ein Mentimeterabfrage durchgeführt. Die Ergebnisse können hier eingesehen werden.
Auf dem abschließenden Podium wurden die Ergebnisse der Themeninseln von den Themenpaten:innen eingebracht und zusammen mit dem kommunalen Beobachter Matthias Schwarz, 1. Bürgermeister der Stadt Burgbernheim diskutiert.
Matthias Schwarz unterstrich die zentrale Bedeutung einer Einbindung kleiner Gemeinden in die Prozesse von Stadt-Land-Kooperationen. Almut Jering sah große Chancen, durch Stadt-Land Kooperationen die landwirtschaftliche Produktion zu sichern und zu stärken und hierdurch gleichzeitig ein besseres Verständnis für Landschaft, Umwelt und Naturschutz zu unterstützen. Eine konkrete Möglichkeit hierfür wird in der vom Stadt-Land-Plus Verbundvorhaben WERTvoll angeregten Einrichtung von Stabsstellen der Stadt-Land-Kooperation gesehen. Gabi Schock hat im Rahmen der zweitägigen Konferenz viele Transferideen, die sich auch in anderen Kommunen realisieren lassen, entdeckt. Viele Aspekte reihen sich dabei in die aktuellen Europäischen Politikinitiativen wie „Farm to Fork“ und den „Green Deal“ ein. Im Rahmen des Green Deals wird u.a. eine Transformation der Stoffkreisläufe gefordert, wobei eine regionale Betrachtung und die Austauschprozesse zwischen Stadt und Land wichtig sind. Die Kommunen müssen mehr in die Kreislaufwirtschaft integriert werden und die Methodik der Reallabore muss stärker in die Forschungen integriert werden.
Prof. Dr. Jörg Knieling legte den Fokus auf informelle Governance, die Hürden überwinden und Spielräume eröffnen kann. Dabei ist die Entwicklung einer Strategie wichtig „Governance by Visions“, Themen sollten emotionalisiert werden.
Dr. Ellen Banzhaff weist darauf hin, dass Kommunikatione und Datensammlung wichtig sind. Kommunikation und Sprache auf Augenhöhe sind als Kernaufgabe von Stadt-Land-Kooperationen anzusehen. Nur wenn die Kommunikation aufgebrochen wird und ein gegenseitiges Verständnis vorhanden ist, können Kommunen mitgenommen werden.
Die erfolgreichsten Verbundvorhaben sind diejenigen, in denen die Kommune ein monetär untersetzter Partner des Verbundvorhabens ist.
Nach Einschätzung von Paul Eldag besteht großer Druck auf Kulturlandschaften von Seiten der Kommunen durch Flächeninanspruchnahme und Bedarfe der Energiewende. Es müssen Visionen und Strategien entwickelt werden, welche Akteure und Kommunen zu Stadt-Land-Kooperationen motivieren.
Guido Sempell weist darauf hin, dass die Frage der Umsetzung von Stadt-Land-Kooperationen besser kommuniziert werden sollte. Es müssen andere Wege der Kommunikation entwickelt werden, Kommunikation über Bilder und der Einbau der Verbundvorhaben in Wettbewerben. Es besteht die Frage, wie die Politik besser eigebunden werden sollte.
Des Weiteren wurden Anregungen zur Verstetigung und Ergebnis-Transfer gesammelt:
- Transformative Forschung hat sich bewährt und muss gemeinsam mit der Praxis durchgeführt werden. Reallabore sind dabei ein wichtiges Instrument.
- Die Forschung muss sich in die Rolle der Partner*innen versetzen und reflektieren, was die Ergebnisse für die Praxis bedeuten. Dies muss auch in der Kommunikation beachtet werden!
- Technischen Anforderungen für die Praxispartner:innen müssen zu Vorhabenbeginn geklärt werden, die Pflege von neuen Datentools muss am Anfang geklärt werden.
- Kommunalpolitiker:innen brauchen Praxisbeispiele und Best-Practice, insbesondere in komplexen Themenfeldern wie Stoffkreisläufen, für die nötige Kommunikation.
- Im Anschluss an die Forschungsphasen muss eine bessere Verstetigung von Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen von regionalen Produkten erfolgen und Personal zur Verfügung stehen.
Impressionen: Vernetzung auf der Statuskonferenz
Exkursion 1: Regionalprodukte als hybrider Wanderweg?
Das ReProLa-Umsetzungsprojekt „Begehbare Wertschöpfungskette“ illustriert die verschiedenen Wertschöpfungsstufen der Fränkischen Süßkirsche in der Gemeinde Pretzfeld in der Fränkischen Schweiz. Der hybride Wanderweg vermittelt ReProLa-Projekterkenntnisse über die ökonomische Dimension regionaler Produkte. Bei der Exkursion werden einzelne Stationen des hybriden, App-basierten Lehrformats angelaufen und mit einem Besuch bei einem lokalen Produzenten abgerundet.
Exkursion 2: Gemüse in der Großstadt
Im Städtedreieck Nürnberg-Fürth-Erlangen liegt eines der größten zusammenhängenden Gemüseanbaugebiete in Deutschland: das Knoblauchsland. 91 landwirtschaftliche Betriebe bewirtschaften die rund 1.900 ha Anbaufläche. Bei der Exkursion besuchen wir einen Erzeugerbetrieb und eine Vermarktungsgenossenschaft. Wir erfahren, wie moderne Bio-Gemüsekulturen und Kräuteranbau im Freiland- und Gewächshausanbau und deren Vermarktung funktionieren. Thematisiert werden auch die Energie- und Wasserversorgung.
Exkursion 3: Malerische Gärtnerstadt Bamberg
Der Status Bambergs als UNESCO Weltkulturerbe ist auch mit der Gärtnerstadt und dem Gärtnerwesen verknüpft. Bei dieser Themenführung wird der Blick auf ein Stück weniger bekanntes Bamberg gelegt und Gepräge, Tradition und Brauchtum der Gärtnerstadt nahegebracht. Neben einer Führung im Gärtnermuseum werden bei einem ausgedehnten Spaziergang durch die Gärtnerstadt deren Straßenzüge mit ursprünglicher Bebauung, weiten, freien Räumen und noch aktiven Gartenbaubetrieben unter die Lupe genommen. Eine städtebauliche Besonderheit.