Stadt-Land-Plus Statuskonferenz 2021

Online.

Key-Visual Stadt-Land-Plus - ©iStock.com/Hallgerd
Key-Visual Stadt-Land-Plus - ©iStock.com/Hallgerd

Gleichwertige Lebensverhältnisse fördern – attraktive Regionen gestalten

Mit der vierten Statuskonferenz zur Fördermaßnahme wurden insbesondere die Herausforderungen zur Herstellung und Wahrung gleichwertiger Lebensverhältnisse als ein Querschnittsthema von "Stadt-Land-Plus" thematisiert und die Arbeiten der Verbundvorhaben in diesem Lichte diskutiert. Zur Konferenz waren weit über 200 Teilnehmende aus Wissenschaft und Praxis registriert und viele beteiligten sich aktiv an den unterschiedlichen Formaten. Aufgrund der anhaltenden Einschränkungen durch die Corona-Pandemie sowie positiver Erfahrungen aus dem Vorjahr, wurde die Veranstaltung online durchgeführt.

Das Programm finden Sie hier.

Begrüßung und Einführung

Moderation: Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie

Dr. Vera Grimm, Bundesministerium für Bildung und Forschung, begrüßt alle Teilnehmenden und eröffnet ihre Begrüßung mit der Frage, was denn eigentlich Stadt und was Land sei. Der Definition nach ist schließlich Jülich eine Stadt, aber viele Menschen würde es wohl eher als ländlich empfinden. Das Mobilfunknetz und die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV hat einen großen Einfluss auf das Empfinden, ob wir uns nun auf dem Land oder in der Stadt befinden. Die Frage, ob Stadt und Land gleich seien, ist teilweise schwierig zu beantworten.

Die heutige Statuskonferenz gibt die Möglichkeit Einblick in den Fortschritt der Vorhaben des 2. Stichtages zu erlangen. Frau Grimm ergänzt, dass alle Vorhaben des 1. Stichtages den Abbruchmeilenstein erfolgreich absolviert haben und sich nun in die Umsetzungsphase bewegen.

In der bisherigen Lebzeit der Fördermaßnahme haben wir erlebt, dass die Ernährungssicherheit und die Landwirtschaft oder auch die Verwertung von Bioreststoffen an Bedeutung gewinnt. Stadtregionale Kooperations- und Poolingmodelle ermöglichen zum Teil bereits die regionale Versorgung der Bürger*innen bzw. die Verarbeitung und den Einsatz regionaler Produkte.

In Stadt-Land-Plus entsteht ein neuer Blick auf multifunktionale Landschaft. Die Fläche in verdichteten Räumen und Regionen ist meist knapp und verschiedene Nutzungen, zum Beispiel von landwirtschaftlichen Aktivitäten, Erholung und Gastgewerbe, müssen aufeinander abgestimmt werden. Durch diese Mehrfachnutzung entsteht eine neue Qualität in der Region. Regionale Wertstoffströme, von Baustoffen, einzelnen Bauteilen bis hin zu der kreativen Wiederverwendung von Kunststoffen, werden in Stadt-Land-Plus initiiert und verstetigt.

Dies sind nur einzelne Beispiele. Frau Grimm weist explizit darauf hin, dass die Forschungsförderung eine Möglichkeit zum Experimentieren bietet und Freiräume vor Ort schaffen soll. Antworten auf die aktuellen Herausforderungen der Zeit, die Auswirkungen des Klimawandels, Schaffung von Arbeitsplätzen und bezahlbarer Wohnraum mit gleichzeitigem effizientem Umgang mit der Ressource Fläche, müssen gefunden werden. Dies soll im Einklang und im Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis passieren. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen ist hierbei besonders wichtig und ist Kern der Fördermaßnahme. Denn vor Ort werden die übergeordneten Ziele der Nachhaltigkeit konkret und mit den lokalen Gegebenheiten abgeglichen. Für ein weiteres Zusammenrücken eröffnet Frau Grimm im Namen des BMBF die diesjährige Statuskonferenz Stadt-Land-Plus.

Katrin Fahrenkrug übernimmt die Moderation der Veranstaltung, lädt die Teilnehmenden zum gemeinsamen Austausch sowie gegenseitiger Vernetzung ein.

Stadt und Land: Wem gehört die Zukunft?

Frau Silvia Hennig ist Gründerin und Geschäftsführerin von neuland 21 und tritt für eine verbesserte Daseinsvorsorge im Ländlichen Raum und eine nachhaltige sowie effiziente Ausgestaltung der ländlichen Strukturen ein. Frau Hennig stellt in ihrer Keynote fünf Thesen vor.

These 1: Lebensunwerte Städte und lebenswerte Dörfer sind zwei Seiten des des selben Problems.

Diese beiden Gegensätze von viel Lärm, überteuerter Wohnraum, Mangel an Kitaplätzen, fehlenden Grünanlagen im Stadtraum und Stille, Leere, Nicht-Auslastung der Infrastruktur im Dörflichen, sind jedoch gekoppelt. Der Effekt zielt auf den sogenannten Speckgürtel, in den es die Umzugswilligen treibt. Der wirklich ländliche Raum bleibt hingegen leer und Rückkehrer für das Land bleiben aus. Es existieren somit drei unterschiedliche Räume mit unterschiedlichen Problemlagen. Es stellt sich die Frage – was tun? Können alle Menschen in der Stadt leben? Eher nicht, was ist die nächstbeste Lösung? Es müsste Freiwilligkeit in die Binnenmigration gebracht werden, um die Städte zu entlasten und die Dörfer zu füllen.

These 2: Corona hat die Wohnortpräferenzen verändert – und die Voraussetzung geschaffen, sie in der Tat umzusetzen.

Einer Umfrage der Zeit-Stiftung nach (Sommer 2020), können sich viele Menschen (insg. 33 %) einen Umzug in weniger dicht besiedeltes Gebiet vorstellen. Nur noch 44 % der Menschen aus der Stadt sind zufrieden mit ihrer Wohnsituation (ifo, September 2021). Obwohl die Wohnunzufriedenheit in den Städten relativ hoch ist, wurde eine Renaissance des ländlichen Raumes dennoch nicht erreicht. Nur knapp 11 % der Umzugswilligen wollen in den wirklich ländlichen Raum. Die Corona-Pandemie hat die Umzugsentscheidung an vielen Stellen beeinflusst, z. B. wollen 64 % der Menschen naturnäher leben.

These 3: Viele wollen heute beides: Stadt und Land – und beides nachhaltig! Stadt und Land müssen deshalb stärker zusammen gedacht werden.

Ein Nebeneinander von Stadt- und Landpolitik resultiert mitunter in multilokale Lebensstile. Dies bedeutet, dass immer mehr Menschen zwei Wohnsitze beibehalten. Als Beispiel nannte Frau Hennig das WG-Zimmer in der Stadt, das  bei einem Umzug in den ländlichen Raum gerne beibehalten wird. Hier ist Frau Hennig nach nicht auf einen Generations- und Wertewandel zu hoffen, denn primär die jüngere Generation folgt diesem Lebensentwurf. Ohne zusammenhänge Strukturen und Konzepte kann das Landleben jedoch enttäuschen. Es benötigt passende Konzepte um abgelegene Räume zu erreichen. Ergänzt wird, dass Stadt und Land schon immer aufeinander angewiesen waren.

These 4: Digitale und soziale Innovationen können dabei helfen, Stadt-Land-Beziehungen nachhaltiger zu gestalten.

Dem Leben auf dem Land wird oft eine stereotypische Maskerade aufgesetzt. Der Wohnraum ist großzügig, es gilt zum Arbeitsplatz zu pendeln und sein eigenes Auto zu besitzen. Alternative Beispiele aus der Arbeitswelt und der Mobilität beweisen jedoch, dass diese Annahmen veraltet und nicht zukunftsfest sind. Nachfrage und Angebot können mit der Hilfe neuer Konzepte und Tools zueinander gebracht werden. Effizientere Routen und flexiblere Arbeitsplätze tragen dazu bei, dass wir nicht nur über eine 15-minütigen Stadt sondern auch eine 15-Minuten Region reden können.

These 5: Wie der Speckgürtel aussehen wird, bestimmen Politik und Raumplanung.

Der Speckgürtel mit seiner Funktion und Ausgestaltung stellt sich infrage. Mit smarten Stadt-Land Beziehungen und der Stärkung von Städten in zweiter und dritter Reihe könnte die Nachfrage von Wohnraum im Speckgürtel abgemildert werden.

Folien Silvia Hennig - Download hier

Prof. Gernot Wagner eröffnet seine Keynote mit einem Plädoyer sowohl an die Stadt als auch das Land. Beides hat seine Vorteile und im Endeffekt sei es egal wo der Mensch lebe, es gehe primär um die Lebenseinstellung. Doch das Leben im Speckgürtel einer Stadt birgt hohe Umweltverbräuche, diese seien doppelt so hoch, als in der Innenstadt. Und die Realität der letzten Jahrzehnte zeigt die Vorstadt als Treiber und nicht die Innenstadt. Das typische Leben im Grünen ist nicht mehr das ländliche Leben, sondern das Leben in der Vorstadt. Eine wichtige Messzahl sind die Quadratmeter, weist Herr Wagner darauf hin. Eine effiziente Flächennutzung sei relevant und wohingegen in der Innenstadt dicht und hoch gebaut wird, werden Häuser in der Vorstadt immer größer. Herr Wagner bezeichnet dies als den Instagram und Facebook Effekt, der Statussymbole bedürfe. Im gleichen Atemzug mit Entkarbonisierungsmaßnahmen und elektrischen Autos steigt jedoch die Quadratmeterzahl für Wohngebäude und die Pendelzeiten ihrer Bewohnerschaft weiter.

Das Stadtleben im Grünen und im ländlichen Raum existiert. Wo jedoch die Stadt, mit den positiven Externalitäten /externen Effekten, den negativen Einhalt bieten kann, ist dies außerhalb der Stadt weniger möglich.

Mit Bezug zur Pandemie vertritt Herr Wagner die These, dass Pandemien schon immer stattfanden und bisher keine Impulse für Urbanisierungstrends lieferten. Herr Wagner prognostiziert, dass in fünf bis zehn Jahren ein Rückblick auf die Zeit der Covid-Pandemie typische Wanderungseffekte der letzten Dekaden aufzeigt. Pandemien fanden schon immer statt und Pandemien wirkten nicht als Auslöser für Binnenmigration von Stadt zu Land oder umgekehrt. Zum Schluss hebt Herr Wagner die Relevanz von Planung und Politik für eine lebenswerte Stadt hervor. Die Innenstadt muss nicht zwangsläufig stressig und lärmig sein. Der Wert der Erholungsflächen im verdichteten Raum müsse adäquat wertgeschätzt werden. So habe der New York Central Park einen extrem hohen Wert inmitten der Stadt für die Erholung und ist Beispiel für gute Stadtplanung. Städte selbst sollen ein gesundes Leben ermöglichen und klimaresilient und lebenswert sein, um auch den Menschen hier eine nachhaltige Lebenswelt zu bieten.

Streitgespräch: Sind Stadt und Land gleich?

Streitgespräch: Sind Stadt und Land gleich? Mit...

Petra Bülow, Bürgermeisterin Gemeinde Hollingsted
Prof. Dr. Peter Dehne, Hochschule Neubrandenburg
Dr. Stefan Fassbinder, Oberbürgermeister Hansestadt, Greifswald
Silvia Hennig, Gründerin und Geschäftsführerin von neuland 21
Dr. Rupert Kawka, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Leiter Referat Raumentwicklung

 

 

Prof. Gernot Wagner, New York University

 

 

 

Dr. Kirsten Witte, Bertelsmann Stiftung, Leiterin Programm LebensWerte Kommune

 

 

Kurzstatements

Katrin Fahrenkrug eröffnet das Streitgespräch und bittet um eine Stellungnahme zu der Frage, ob Stadt und Land gleich seien und was den Unterschied zwischen Stadt und Land ausmache.

Frau Bülow, antwortet, dass Stadt und Land nicht gleich sind und es zahlreiche Unterschiede gebe, wie wir leben, einkaufen und arbeiten. Frau Bülow ergänzt, dass sie in den bisherigen Ausführungen die Frage des Ehrenamtes vermisst habe. Alle Orte erhalten durch das Ehrenamt ein Gesicht und unterstützen die Daseinsvorsorge. Diese Vielfalt muss erhalten bleiben.

Frau Witte, weist auf die unterschiedlichen Lebensentwürfe in Stadt und Land hin. Sie erläutert, dass es nach der Typisierung viele verschiedene Raumtypen von Land und Stadt gebe und nicht beide Orte gegeneinander ausgespielt werden sollten. Außerdem ist sie der Meinung, dass eher das Land die Stadt möglich mache und nicht andersherum (woher kommen die Ressourcen, die in der Stadt genutzt werden?). Es gilt sich gegenseitig ernst zu nehmen und Kooperationen auszubauen.

Herr Kawka, vertritt die These, dass es DAS Land und DIE Stadt nicht gibt. Vielmehr sollen die Teilräume nach Ebenen unterschieden werden, Siedlungs- und Freiräume identifiziert, sowie soziodemografische Faktoren wie eine hohe Kinderarmut zur Differenzierung herangezogen werden. Allgemein hält Herr Kawka fest, dass sich Verhaltensweisen und Lebensentwürfe sicherlich angeglichen haben, doch ist es nicht festzustellen, ob Gemeinsamkeiten oder Unterschiede überwiegen.

Herr Dr. Fassbinder, stellt fest, dass die Unterschiedlichkeit von großem Wert ist und die Diversität in der Siedlungslandschaft erhalten bleiben muss. Die Kreisstadt Greifswald übernimmt in Mecklenburg-Vorpommern eine Funktion als Oberzentrum, wobei die in anderen dichter besiedelten Regionen nicht auffallen würde. Die Diversität muss nicht nur erhalten, sondern auch sinnvoll gestaltet werden.

Herr Dehne, übernimmt das Wort und stimmt zu, dass die Art des Lebens Unterschiede aufweise. Die Art und Weise, wie Leben im Öffentlichen oder Privaten stattfindet, sei ein Beispiel. Sesshaftigkeit hat auch Bedeutung für Zufreidenheit. Herr Dehne konstatiert außerdem, dass die Bezeichnung Speckgürtel zwar eine geläufige, aber seiner Meinung nach keine gelungene Beschreibung für die deutsche Siedlungsstruktur und –entwicklung ist. Ein Merkmal für die Stadt ist die Frage der Organisation der Kultur und des Zusammenlebens. In der Stadt herrscht eine andere kritische Masse und so weist die Großstadt auch eine stärkere Wirtschaft und Synergieeffekte auf. Im ländlichen Raum hingegen spielt die Selbstorganisation und Privatheit eine größere Rolle als in der Stadt. Festzuhalten gilt es jedoch auch, dass sich die Dinge vermischen. Dadurch wird Vielfalt gegeben.

Diskussion

Die anschließende Diskussion greift die Thematik der gleichwertigen Lebensverhältnisse auf. Obwohl Gleichwertigkeit schwer messbar ist, bedeutet Gleichwertigkeit eine stabile Grundstruktur der Daseinsvorsorge vor Ort. Einzelne Regionen und deren Teilräume bieten jedoch nicht einmal diese Grundstruktur und ein Gegensteuern erweist sich als kompliziert, ergänzt Frau Witte.

Herr Dehne erkennt jedoch keine Landflucht durch mangelnde Daseinsvorsorge, umgekehrt besteht eher eine hohe Lebenszufriedenheit in dünner besiedelten Räumen. Insbesondere in Ostdeutschland besteht natürlich immer noch eine kritische demografische Situation, jedoch ist Herr Dehne vorsichtig die These zu stützen, der ländliche Raum stirbt. Er plädiert dafür genauer hinzusehen, wer wieder in den ländlichen Raum zieht. 

Als Bürgermeisterin der Gemeinde Hollingstedt in Schleswig-Holstein, berichtet Frau Bülow aus ihrer Erfahrung, dass vor 10 Jahren überlegt wurde, wie Daseinsvorsorge gesichert werden kann. Die rückläufigen Zahlen von damals existieren heute jedoch nicht mehr und in zahlreichen Dörfern gibt es keinen Leerstand mehr. Frau Bülow führt diesen Erfolg auch auf die Digitalisierung und andere Anstrengungen zurück. Eine zukünftige Herausforderung ist der Bedarf an kleinteiligem Wohnraum im ländlichen Raum.

Frau Hennig führt die aktuelle Situation im ländlichen Raum auf die Art und Weise zurück, wie geplant wurde. Obwohl Hinweise aus dem ländlichen Raum auf bestehende Nachfrage kamen, wurde nicht vorgesorgt. Ein großes Problem ist, dass es an Daten fehlt und Informationen dazu, wie Menschen wohnen wollen. Frau Hennig weist darauf hin die Veränderung der Baukultur zu beachten und wirbt für mehr Empirie in der Raumplanung.

Herr Fassbinder berichtet aus seinen Erfahrungen als Oberbürgermeister der Hansestadt Greifswald. Eine ausreichende Grundversorgung von der Gesundheit über die Bildung wird grundsätzlich erwartet und die langfristige Sicherung ist abhängig von einer vorausschauenden Planung. An diesem Punkt haben falsche Prognosen ein großes Problem dargestellt. Die Landesregierung hielt an falschen Bevölkerungsprognosen fest und der Staat zog sich in vielen Gebieten zurück. Als Resultat kann der Staat teilweise seine Aufgabe nicht mehr erfüllen, vor Ort präsent zu sein (z. B. bei sozialen Problemen).

Aus Bundessicht der Raumentwicklung stellen diese Herausforderungen des unvorhergesehenen Wachstums in einst schrumpfenden Regionen jedoch eher „Luxusprobleme“ dar. Die Frage der Gleichwertigkeit wird Herrn Kawka zufolge in anderen Regionen Deutschlands entschieden, die immer noch stark vom demografischen Wandel und Abwanderungen betroffen sind und deren Daseinsvorsorge infolgedessen erhebliche Lücken aufweist. So verharrt z. B. der Landkreis Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt in seinem Status und wird heute als Raum mit besonderem Handlungsbedarf beschrieben. Herr Kawka stellt die Frage, in welchen Räumen zukünftig die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse entschieden werden wird. In diesem Zusammenhang weist er auf eine Karte vom Umweltbundesamt hin, welche Teilräume prognostiziert, die zukünftig vom Klimawandel betroffen sein werden. Außerdem sollte Augenmerk auf die ehemaligen Braunkohleregionen gelegt, aber auch der Alpenrand beachtet werden. Grundsätzlich sind strategische Handlungskonzepte von Bund und Ländern notwendig, die auch die Jugendlichen einbeziehen.

Herr Dehne unterstützt die Meinung, dass Überalterung eines der hartnäckigen Probleme sei. Aus seinen Erfahrungen heraus trugen Zahlen und Daten jedoch auch häufig zu Stigmatisierung bei und es muss genau in den jeweiligen Teilraum geschaut werden. Ein Blick hinein in die Vielfalt eröffnet soziale Unterschiede in den Regionen, die geprüft werden müssen.

Botschaften

Zum Schluss des Streitgesprächs bittet Frau Fahrenkrug um die Nennung eines Punktes, der verstärkt diskutiert werden sollte:

  • Wie gestalten wir das Umland und was macht sie aus? Die bisherige Planung des Speckgürtels kommt anderen Regionen nicht zugute. (Frau Hennig)
  • Es soll dafür gesorgt werden, dass Staat, Bildung, Gesundheit und Sicherheit vor Ort präsent sind. (Herr Fassbinder)
  • Raumordnung soll mit Mobilität integriert gedacht und Regulierungen mit Entscheidungsträgern vor Ort überlegt und entschieden werden. (Frau Bülow)
  • Ein Stück mehr Gelassenheit durch mehr dezentrale Verantwortung ist wichtig und mehr Vertrauen in die Selbstverwaltung der unterschiedlichen Räume. So könnten vielleicht auch Zwergschulen in sehr ländlich geprägten Räumen Eingang finden. (Frau Witte)
  • Das Thema Klimaschutz und der Umgang in den Kommunen und Regionen mit den Auswirkungen des Klimawandels wird an Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung der nachhaltigen Mobilität sowie Gerechtigkeit in Stadt und Land zentrale Aufgaben. Politische Konzepte sollen die unterschiedlichen Räume und Lebensmodelle berücksichtigen (Herr Dehne)
  • Gleichwertigkeit betrifft vor allem die schwächsten Regionen und schwächsten Stadtteile – hier sollten die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohnern berücksichtigt und in den Austausch getreten werden, um mit ihnen gemeinsam Lösungen zu entwickeln. (Herr Kawka)
  • Die Kostenwahrheit sollte auf die Agenda rücken. Viele Subventionen sind nötig, um ein Leben in allen Ecken des Landes zu ermöglichen und diese teilweise impliziten Subventionen, z. B. Straßenkilometer, sollen bewusst getätigt und mitgedacht werden. (Herr Wagner)

Visuelle Reise durch die „Stadt- Land-Plus“ Landschaft

Die Kurzpräsentationen der unterschiedlichen Verbundprojekte sind auf den Webseiten der Verbundvorhaben nachzuschauen. Eine Übersicht der Verbundvorhaben finden Sie hier.

 

Themenraum 1: Siedlungsentwicklung und Flächennutzung — Multicodierung als Chance für Gleichwertigkeit

Moderation: Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie und Dr. Uwe Ferber, StadtLand GmbH

Multicodierung wird als eine sinnvolle Überlagerung und Verknüpfung verschiedener Funktionen definiert. Sie ist daher eine Strategie für eine effizientere, also flächensparende oder aber auf denselben Flächen mehr Co-Benefits erzielende Flächennutzung. Dabei ist wichtig, dass die Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen an der Fläche – über die Funktionalität hinaus – ein wesentliches Charakteristikum von Multicodierung ist. Dadurch entstehen ungewohnte Kooperationen. Durch diese Integration der unterschiedlichen Interessen hat Multicodierung das Potenzial, Fläche in unterschiedlichen sektoralen Planungen zu verankern und auch die Wertschätzung durch die Bevölkerung zu erhöhen.
Im Rahmen dieser Arbeitssession wurde diskutiert, ob sich daraus auch neue Chancen für die Förderung und Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse ergeben.

Leitfragen

  • Mit welchen inhaltlichen und methodischen Ansätzen lassen sich unterschiedliche Funktionen bei der Flächennutzung verknüpfen
  • Wie kann die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen in Zusammenarbeit mit den Akteuren organisiert werden und gelingen?
  • Erhöht sich durch eine Verknüpfung/Multicodierung die Wertigkeit der regionalen „Leistung“?
  • Ergibt sich aus Effekten der Multicodierung subjektiv (empfunden) und auch objektiv eine Verbesserung der Lebensverhältnisse?
  • Welche Rahmenbedingungen befördern jetzt bereits Multicodierungen und welche verhindern sie? Wo sollte konkret angesetzt werden?

NaTourHuKi – Nachhaltiges Tourismuskonzept für Hanau und den westlichen Teil des Main-Kinzig-Kreises im Kontext des Regionalparks RheinMain

Prof. Dr. Jörg Dettmar, Technische Universität Darmstadt

Im Regionalpark RheinMain (Kinzigtal) setzt das Verbundvorhaben „NaTourHuKi“ den Fokus auf regionale Erholungs- und Tourismusangebote und deren Infrastrukturen. Wachsenden Flächenansprüchen soll mit einer nachhaltigen Tourismusstrategie begegnet werden. Herr Prof. Dr. Dettmar erläutert zunächst, dass Multifunktionalität das eigene Projektverständnis besser benennt als Multicodierung. Multifunktionalität von Infrastrukturen im städtischen sowie ländlichen Raum bietet viel Gestaltungspotential. Beispielsweise nennt Prof. Dr. Dettmar hier Lärmschutzwände, Bahnstrecken und Gewerbegebiete, die gleichfalls als ansprechende Aufenthaltsräume gestaltet und genutzt werden könnten. Multicodierung im Sinne von Multifunktionalität kann so zu gleichwertigeren Lebensverhältnissen beitragen, indem dadurch nicht nur Flächennutzungskonflikten durch steigenden Bedarf an Verkehrs-, Wohn- und Erholungsflächen vorgebeugt, sondern vor Ort konkret Lebensverhältnisse für Menschen unterschiedlichster Wohnorte verbessert werden können.

Folien NaTourHuKi - Download hier

KoOpRegioN – Kommunale Kooperationsoptionen für ein nachhaltiges Gewerbeflächenmanagement in der Region Nordschwarzwald 

Heike Strobel, Regionalverband Nordschwarzwald

KoOpRegioN“ sensibilisiert verantwortliche Akteure kommunaler Praxis in Bezug auf interkommunale Gewerbegebiete für den Dreiklang aus Flächenmanagement, Nachhaltigkeit und interkommunaler Kooperation in der Region Nordschwarzwald. Frau Strobel stellt hierbei die Vorteile von Multifunktionalität in Gewerbegebieten heraus, wodurch nicht nur dem Flächenmangel begegnet, sondern auch bisher untergenutzte Flächen, wie etwa Parkflächen, vielfältiger genutzt werden können. So kann der Fokus auf bisher ungenutzte Flächen (etwa auch Dach- und Fassadenflächen) für neue Zwischennutzungsformen zu einer effizienteren Flächennutzung und insgesamt für die Verbesserung lokaler Lebensverhältnisse führen. Eine Herausforderung bestehe hier jedoch in der oftmals beschränkten Verfügbarkeit entsprechender Flächen.

Folien KoOpRegioN - Download hier

OLGA – Optimierung der Landnutzung an Gewässern und auf Agrarflächen zur nachhaltigen Entwicklung der Region Dresden auf Basis hydrologischer, forstwissenschaftlicher, umweltpsychologischer und ökonomischer Forschung- und Umsetzungsarbeiten

Anke Hahn, Landeshauptstadt Dresden

Das Verbundvorhaben „OLGA“ verfolgt das Ziel, nachhaltige Stadt-Land-Kooperationen in der Region Dresden zu etablieren. Durch Vernetzung regionaler Akteure, Aufwertung von Ökosystemleistungen, Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe sowie gegenseitiges Verständnis lokaler Akteure werden gleichwertigere Lebensverhältnisse gefördert. Frau Hahn erläutert die Relevanz von Multicodierung für die Flächensicherung von Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitiger Flächenverfügbarkeit für Agrarholzanbau. Ein zentraler Aspekt sei hierfür die Bewusstseinsbildung über die begrenzte Flächenverfügbarkeit bei Bürger*innen und zentralen Schlüsselakteuren wie Landwirt*innen oder lokalen Forstbetrieben. Im Projekt besteht hierfür eine Vernetzung mit lokalen Urban-Gardening-Initiativen, die für Bewusstseinsbildung über die Flächenverfügbarkeit für die Nahrungsmittelproduktion werben. Ergänzt werden die transdisziplinären Kooperationen durch gemeinsame Bewirtschaftungskonzepte sowie GIS-basierte Landschaftsanalysen unter Berücksichtigung von Naturschutzaspekten, welche somit Multifunktionalität von Landschafträumen als zentralen Bestandteil verdeutlichen.

Kommentierung und Rückfragen

Im Nachgang werden Fragen zum Gegenstand von Multicodierung sowie deren erfolgreicher Ausgestaltung diskutiert. Die Teilnehmenden sind sich einig, dass insbesondere in der konkreten Umsetzung viel Potential liegt, hier jedoch zugleich viele Hürden bestehen. Flächennutzungs- sowie Bebauungspläne, aber auch Besitzverhältnisse (privat, kommunal) und finanzielle Engpässe spielen oftmals eine zentrale Rolle. Um mit gegebenen rechtlichen Rahmenbedingen umzugehen, sind eine langfristige Strategieentwicklung sowie insgesamt weitere Förderungen und Subventionen erforderlich. Anhand von Multicodierung kann Wertschöpfung vermehrt in der Region gehalten und ein Mehrwert für Regionen geschaffen werden. Dennoch bestehen auch Grenzen und insbesondere die praktische Umsetzung kann nicht allen Anforderungen gerecht werden.

Multicodierung benötigt außerdem sog. „Kümmerer“ für Unternehmen, Eigentümer*innen und Landwirt*innen, welche Aktivitäten bündeln, zusammenführen und Best-Practice-Beispiele für multifunktionale Nutzung zur Verfügung stellen. So können multifunktionale Nutzungen besser koordiniert und Verwaltungshürden ggf. besser gemeistert werden. Die Herausforderung, dabei naturbelassene Flächen zu stärken und Suffizienzansätze zu verfolgen, wird ebenfalls thematisiert.

Abschließend wird deutlich gemacht, dass entsprechende Flächengestaltungen in einem größeren Zeitrahmen gedacht werden müssen und es mutige Schritte braucht, erste Experimente (vor allem in rechtsärmeren Räumen) zu wagen. Hierfür müssen Pioniere gefunden und strukturelle Fragen, etwa zu Zuständigkeiten in Verwaltungen adressiert werden, um Verwaltungsdurchlässigkeit und Projektorientierung zu erreichen.

Themenraum 2: Indikatoren — ist Gleichwertigkeit messbar?

Moderation: Dr.  Stephan Bartke, Umweltbundesamt, Lutke Blecken, Institut Raum & Energie

Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse stellt seit fünf Jahrzehnten eines der wichtigsten Ziele der Raumentwicklungspolitik dar. Verschiedene Kriterien der Lebensbereiche Wohnen und Arbeiten, Mobilität sowie Freizeit und Erholung sind für eine Bewertung der Gleichwertigkeit von Bedeutung. Existierende Indikatorensysteme zielen aber in der Regel vornehmlich auf sozio-ökonomische Aspekte ab. Die stadtregionale, interkommunale Ebene und die aus Nachhaltigkeitssicht wichtigen Umweltaspekte spielen hingegen kaum eine Rolle. Sind gleichwertige Lebensverhältnisse hier etwa schon erreicht? Die Verteilung erholungswirksamer Freiflächen oder die Belastung mit Lärm- oder Luftschadstoffen zeigt ein anderes Bild.

Aus diesem Grund ging es im Rahmen dieser Arbeitssession darum zu diskutieren, welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um Gleichwertigkeit insbesondere unter Einbezug der Umweltaspekte messbar zu machen, und welche Indikatoren auf den unterschiedlichen Skalenebenen dafür notwendig sind. Zudem wurde gemeinsam erörtert, wie notwendige Qualitäten beschrieben, Ziele festgelegt und diese adäquat über Indikatoren messbar gemacht werden können.

Leitfragen für den Themenraum:

  • Welches sind die relevanten (Umwelt- und Nachhaltigkeits-)Ziele, die die Gleichwertigkeit adäquat abbilden?
  • Welche Zielvorgaben (Quantitäten und Qualitäten) sind relevant?
  • Welche (geodatenbasierten) Indikatoren sind geeignet, die Ziele zu messen?
  • Wie gelingt es über die rein quantitative Ermittlung auch Qualitäten abzubilden?
  • Welcher Anpassungsbedarf vorhandener Indikatorensysteme ist notwendig?
  • Wie kann ein Monitoring auf der Grundlage geeigneter Indikatoren aufgebaut werden?
  • Welche Voraussetzung sind zu erfüllen, um skalenübergreifende Indikatorensysteme abzubilden?
  • Welche Daten und Informationen sind dafür notwendig?

Herr Bartke verweist einleitend auf die Aussage von Frau Witte im vorherigen Plenum, dass Gleichwertigkeit nur schwer messbar ist. Obwohl die Basisdienstleistungen, die von Staatsseite aus bereitgestellt werden müssen, wie Bildung, Gesundheit, etc., vergleichbar und messbar sind, gibt es offene Fragen. Besonders im Stadt-Land-Kontext fehlen Analysen, um die Herstellung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse konkret anzugehen. Die folgenden Fragen standen im Fokus:

  • Welche Ziele sind für die nachhaltige Entwicklung bestens geeignet?
  • Was für Anforderungen bzw. Kernbotschaften stellen wir an die Politik?

Herr Blecken übernimmt das Wort und stellte die Referent*innen und inhaltlichen Punkte des Programms kurz vor.

Der externe Blick: UBA-Vorhaben „Stadt und Land“: Umweltziele und -indikatoren zur Bewertung der Lebensqualität

Prof. Dr. Catrin Schmidt, Technische Universität Dresden, Prof. Dr. Matthias Pietsch, Hochschule Anhalt

Einleitend skizziert Frau Schmidt gängige Definitionen von Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. Sie verdeutlicht, dass der Themenbereich Umwelt bisher wenig Berücksichtigung findet und verweist beispielhaft auf die Definition von Martin T. W. Rosenfeld, in der Fokus auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation in benachteiligten Regionen gelegt wird. Auch die Bekanntmachung “Unser Plan für Deutschland” als Schlussfolgerungen zur Arbeit der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ legt Fokus auf sozioökonomische Faktoren. Bestehende Strategien lassen Umweltaspekte weitestgehend unberücksichtigt. Eine Ausnahme stellt das Bundesraumordnungsprogramm von 1975 dar, in dem es um die “(Wieder)herstellung einer menschenwürdigen Umwelt für gleichwertige Lebensverhältnisse” geht.

Frau Schmidt stellte die Fragen, ob mit der Zeit der Bezug zu Umwelt in der Diskussion der gleichwertigen Lebensverhältnisse vernachlässigt worden ist. Oder sind die umweltbezogenen Lebensverhältnisse etwa schon gleich?

Anhand des Beispiels Erholung skizziert Frau Schmidt die Problemstellung. Die Erholungsbedingungen in Stadt und auf dem Land können sehr unterschiedlich sein. Im städtischen verdichteten Raum stehen im Durchschnitt jedem Menschen 4,5 qm zu Fuß erreichbare Erholungsfläche  zur Verfügung. Diese Fläche wird mit anderen Bewohner*innen der Stadt geteilt. Auf dem Land sind Erholungswege wie z.B. 20 km lange Waldwege möglich, aber auch nicht flächendeckend. Zur Veranschaulichung dient eine Kartengrundlage, die zum einen den Nutzungsdruck und zum anderen die ästhetische Qualität der Landschaft in Deutschland beschreibt. Das sehr heterogene Bild der Landschaftsqualitäten in Deutschland wird hieran deutlich.

Wie wichtig sind Grünflächen für Menschen? Seit der Coronapandemie ist die Wertschätzung gestiegen. In einer bundesweiten Umfrage gab jede vierte Person (~28 %) an, Grünanlagen häufiger als zuvor aufgesucht zu haben. In einer Befragung, die im Raum Dresden im Frühsommer 2021 durchgeführt wurde, haben fast die Hälfte der Befragten (46 %) die gleiche Antwort gegeben. Auf die Frage “Wo würden Sie nach einem Umzug am liebsten wohnen?” wurden die Veränderungen der Umzugspräferenzen der in Dresden wohnenden Menschen deutlich: 2020 hatten 10 % den Wunsch geäußert, am Stadtrand wohnen zu wollen. Im Jahr 2021 hat sich dieser Anteil auf 22 % der Befragten erhöht.

Weitere Messungen zeigen ein differenziertes Bild von Stadt und Land. Die Ozonbelastung ist in ländlichen Räumen im Durchschnitt doppelt so hoch und die Stickstoffdioxidbelastungen in städtischen Lagen dreifach so hoch, als andersherum. Hinzu kommt die Notwendigkeit auf den Klimawandel zu reagieren. Land und Stadt sind hiervon beide betroffen, aber die genaue Vulnerabilität müsste ermittelt werden. Indikatoren können z. B. die Erholungsvoraussetzung oder andere Umweltqualitäten wie Luftqualität messen und Ziele begleiten.

Im Fazit Ihres Teils der Präsentation fasst Frau Schmidt zusammen, dass der Klimawandel viele Trends der Umweltveränderung verstärken wird. Umweltindikatoren spielen bei der Messung der gleichwertigen Lebensverhältnisse eine Rolle. Sie sollten künftig stärker in der fachlichen Diskussion berücksichtigt werden. Beispiele von Umweltzielen sind:

  • Erholungsvoraussetzungen sichern
  • Energiegerechtigkeit herstellen
  • Freiraum sichern
  • Klimagerechtigkeit sichern
  • Lärm mindern und Ruhegebiete sichern
  • Vielfalt bewahren
  • Luftqualität verbessern
  • Wasserressourcen schützen

Herr Pietsch übernimmt das Wort und stellt die Grundlagen von Indikatoren zur Messung von Gleichwertigkeit dar. Gute Indikatoren benötigen einen Zielbezug, eine Aussagefähigkeit, Steuerbarkeit, Vergleichbarkeit, Verständlichkeit und Datenverfügbarkeit. Es gibt bereits viele Indikatorensysteme. Herr Pietsch stellt die Frage, ob diese bereits zur Beschreibung von Stadt-Land Partnerschaften ausreichen. Sind die Unterschiede zwischen Stadt und Land gut abbildbar und zudem auf andere Stadt-Land Regionen übertragbar?

Herr Pietsch wählt das Beispiel der grünen Infrastruktur und deren Qualifizierung zur besseren Erklärung. Manche Indikatoren zeigen ein ausreichendes Vorhandensein der grünen Infrastruktur an, beschreiben jedoch nicht die Qualität dieser Flächen. Einzelne Indikatoren beziehen sich dabei jedoch auf landwirtschaftliche Flächen als Teil der grünen Infrastruktur und eine weitere Differenzierung findet nicht statt, obwohl die Qualität dieser Flächen zum Beispiel für die Beschreibung des Erholungswertes wichtig ist. Ohne die Berücksichtigung der Flächenqualitäten werden manche Landschaften mit einem sehr guten Erholungswert bewertet, was nicht immer der Realität entspricht. Die Annahmen der Indikatoren müssen deswegen auch mit der Zielsetzung sinnvoll abgestimmt sein.

Zudem stellt die Datenverfügbarkeit in ländlichen Räumen ein Hindernis für viele Indikatoren dar. Es gilt zu fragen:

  • Sind Indikatoren sofort einsatzbereit bzw. sind die benötigten Daten vorhanden?
  • Sind Indikatoren auf unterschiedlichen Skalen nutzbar?
  • Werden Aspekte zur Beschreibung der Qualitäten berücksichtigt?

Mit Blick auf das Thema „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ der diesjährigen Statuskonferenz wird festgehalten, dass eine gesicherte Datengrundlage und die Entwicklung geeigneter Methoden hohe Relevanz besitzen. Herr Pietsch macht zudem auf die Möglichkeit aufmerksam individuelle Indikatoren-Systeme zur Anwendung auf unterschiedlichen Skalen-Ebenen zu entwickeln, auch, wenn dies einen höheren Aufwand bedeute. Ergebnisse werden im Projekt „Stadt und Land: Gleichwertige Lebensverhältnisse unter Ausgestaltung nachhaltiger Raumbeziehungen“ (FKZ 3720 15 104 0) weiterverfolgt.

Herr Blecken fasst zusammen, dass es nicht den einen Indikator für die Messung gleichwertiger Lebensverhältnisse auf allen Ebenen gibt, aber viele Ansatzpunkte vorhanden sind. Die Diskussion zu Zielen wurde in einem Diskussionsraum im Anschluss weiterverfolgt (s.u.).

Folien Stadt & Land - Download hier

Nachhaltigkeitsindikatoren in Stadt-Land-Plus: Einblick in die Ergebnisse der Erhebung mit Bezug zu Gleichwertigkeit

Beatrice Wegener-Lange & Karl Eckert, Umweltbundesamt

Frau Wegner-Lange übernimmt das Wort und stellt die Ergebnisse einer Erhebung des Querschnittsvorhabens zum Thema Nachhaltigkeitsindikatoren in der Fördermaßnahme Stadt-Land-Plus mit Fokus auf Gleichwertigkeit dar. Vor dem Hintergrund der UN Agenda 2030 erarbeiten die Stadt-Land-Plus Verbundvorhaben regionale Indikatoren zur Darstellung der Nachhaltigkeitsziele. Die Erhebung dient einer Darstellung des aktuellen Bearbeitungsstandes sowie einem Einblick und der Synthese der vielfältigen Arbeiten an Nachhaltigkeitsindikatoren in Stadt-Land-Regionen. Für die Erhebung und Auswertung der Ergebnisse ist das Querschnittsvorhaben verantwortlich. Dabei werden auch mögliche Transferleistungen zur Untersetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet.

Insgesamt wurden im Rahmen der Befragung bisher 43 Indikatoren erhoben. Die Indikatoren adressieren jeweils integriert unterschiedliche Handlungsfelder. Einige von Ihnen weisen hierbei einen (in)direkten Bezug zum Thema „gleichwertige Lebensverhältnisse“ auf. Die kommunale Praxis ist eine Hauptzielgruppe der in Stadt-Land-Plus entwickelten und herangezogenen Indikatoren. Zu folgenden SDGs werden Bezüge genannt, wobei das SDG 11 und das SDG 8 am häufigsten genannt werden.

  • SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden),
  • SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum),
  • SDG 1 (Keine Armut),
  • SDG 3 (Gesundheit und Wohlergehen)
  • SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen).

Jeweils eine Nennung erhielten die SDGS  9 Widerstandsfähige Infrastruktur, 10 Ungleichheit, verringern, 12 Nachhaltiger Konsum, 17 Globale Partnerschaft.

Beispielhafte Indikatoren aus der Erhebung lauten:

  • Erholungsfläche je Einwohner in m²
  • Index der Nahversorgung
  • Qualität interkommunaler Kooperationsmechanismen
  • Kriterium: Flächennutzung durch Gewerbegebiete

Die Ergebnisse der Erhebung werden sukzessive für die Arbeit der Querschnittsthemen und Projektcluster herangezogen und ausgewertet.

NEILA: Ausschluss- und Eignungskriterien im interkommunalen Flächenmanagement

Dr. Thomas Terfrüchte, Technische Universität Dortmund

Herr Terfrüchte weist einleitend auf die Projektziele vom Verbundvorhaben NEILA hin und erläutert, dass eine nachhaltige räumliche Entwicklung in der Stadt-Land Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler unterstützt werden soll. Dabei werden Indikatoren für die Bewertung von zukünftigen Planungsszenarien angewendet. Mögliche Auswirkungen der Flächenentwicklung werden antizipiert und mit Aspekten wie sozioökonomische Erwartungen, Risikobewertung der Fläche, etc. bewertet. Das Vorhaben wendet die Indikatoren für konkrete Flächen an. Die allgemeinen Aussagen von Indikatoren auf kommunaler oder Landkreisebene sind für diese Bewertungen nicht ausreichend.

Herr Terfrüchte stellt ebenfalls die im Vorhaben entwickelten Leitbilder für die Region vor. Diese werden mit Stakeholdern der Region diskutiert. Themen der Leitbilder sind bezahlbarer Wohnraum, gleichwertige Lebensverhältnisse, Verringerung der Flächeninanspruchnahme, Naherholung, Klimaanpassung und -vorsorge, und die Grundlage der nachhaltigen Entwicklung. Entlang dieser Themen führt das Vorhaben ein Flächenranking durch. Die technische Umsetzung wird mit dem Open-Source-Tool “Geonode” gemacht, welches Transparenz in die Bewertung bringt undAusschluss- und Eignungskriterien berücksichtigt. Das Tool soll eine empirische Grundlage für Flächennutzungsentscheidungen liefern. Als Resultat der Bewertung  werden mögliche Zielkonflikte identifiziert und stehen für die weitere Diskussion mit Stakeholder zur Verfügung.

Themenraum 3: Resilienz in dynamischen Zeiten — Treiber für Gleichwertigkeit?

Moderation: Dr. Uwe Ferber, StadtLand GmbH und Julia Reiß, Institut Raum & Energie

Resilienz, das heißt Anpassungs- und Reaktionsfähigkeit bei Veränderung maßgeblicher Rahmenbedingen und Herausforderungen, ist bereits im Zusammenhang mit dem Klimawandel bzw. der Klimaanpassung, spätestens aber mit Corona bei allen Entwicklungsaufgaben in den Fokus gerückt. Dies gilt in besonderem Maße, wenn Raumstrukturen betroffen sind, deren Anpassung naturgemäß meist über längere Zeiträume erfolgt und aufwändig ist. Dies zeigte sich zuletzt auch schmerzlich in den vom Hochwasser betroffenen Regionen. Neben daraus erwachsenen Anforderungen an resilientes Bauen und Wirtschaften gilt es nicht zuletzt auch die Organisationsformen mit oft hohem Beharrungsvermögen zu betrachten.

Im Rahmen dieser Arbeitssession wurde insbesondere die Frage diskutiert, ob kooperative Arbeitsweisen im Stadt-Land-Kontext die regionale Resilienz stärken und ob sie damit auch zur Erreichung und Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse beitragen können.

Leitfragen

  • Auf welche Veränderungen müssen Sie sich in Ihrer Region vorbereiten?
  • Wie sind Ihre organisatorischen Strukturen für solche Prozesse vorbereitet (ausgebildet)?
  • Hat man in Ihrer Region aus früheren Schockereignissen gelernt?
  • Wie wird dabei die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse mitgedacht?
  • Welche Bedeutung haben dabei kooperative Strukturen?
  • Wie lautet Ihr Fazit? Stärkt oder schwächt die Notwendigkeit von Resilienz die Beachtung gleichwertiger Lebensverhältnisse?

DAZWISCHEN – Strukturwandel im Rheinischen Revier zukunftsorientiert gestalten

Prof. Dr. Stefan Greiving, Technische Universität Dortmund

Das Verbundvorhaben „DAZWISCHEN“ setzt sich mit den Chancen und Herausforderungen der raumgreifenden Strukturveränderungen im Rheinischen Revier aufgrund des Kohleausstiegs sowie möglichen Nachnutzungsmöglichkeiten auseinander. Indem innerhalb eines integrierten Ansatzes die nachhaltige Sicherung der Daseinsvorsorge auch in Anbetracht des Klimawandels analysiert wird, sollen unterschiedliche Szenarien entwickelt und Handlungsstrategien für ein nachhaltiges Landmanagement kooperativ abgeleitet werden. Herr Prof. Dr. Greiving betont hier die Relevanz von Resilienz kritischer Infrastruktur für die Daseinsvorsorge, um gleichwertige Lebensverhältnisse ermöglichen und langfristig erhalten zu können. Klimaschutz, Resilienz kritischer Infrastrukturen und Daseinsvorsorge werden bisher nicht ausreichend zusammen gedacht. Weiter stellt Herr Prof. Dr. Greiving die Konflikte zwischen kompakter Stadt im Sinne kurzer Wege vs. disperser Stadt, als klimaangepasste Stadt jedoch flächenverbrauchender, dar, hier gilt es Kompromisse zu finden. Auch bedeutet nachhaltige Infrastruktur nicht gleich resiliente Infrastruktur. Es sollten Kaskadeneffekte und unterschiedliche Kritikalität von Infrastruktur mitbedacht werden, insgesamt sollten mehr dezentrale Einrichtungen gefördert werden. Redundanz und Dispersität von Infrastrukturen sind im Kontext von Klimawandel von zentraler Bedeutung, genauso wie eine flexible Planung, welche auch kurzfristiger auf Krisen reagieren und aus Katastrophen lernen kann.

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KOPOS – Neue Kooperations- und Poolingmodelle für nachhaltige Landnutzung und Nahrungsversorgung im Stadt-Land-Verbund

Katrin Martens, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.

KOPOS“ untersucht die Rolle von Kooperations- und Poolingmodellen (KPM) für die Regionalisierung der Lebensmittelproduktion und Unterstützung der Regionalentwicklung. Da das Projekt KOPOS sektorspezifisch mit Fragen der Regionalisierung für widerstandsfähigere Versorgungsstrukturen arbeitet und analysiert, welche Rolle hierbei neue Kooperations- und Poolingansätze spielen, können im Rahmen des Verbundvorhabens Resilienz und Daseinsvorsorge produktiv verknüpft und zusammen erforscht werden. So stehen nachhaltige Landwirtschaftsmodelle im Stadtlandverbund als Alternativen zu stark zentralisierten, globalisierten und damit krisenanfälligen Wertschöpfungsketten im Fokus. Lokale, dezentrale Produktionen weisen als deutlich resilientere Produktionsformen Potenzial auf. Hierbei sind der Zugang zu Land, kurze Wertschöpfungsketten sowie "Social Entrepreneurs" als Pioniere für dezentrale Versorgungsstrukturen von zentraler Bedeutung. Dabei werde jedoch vor allem Nachhaltigkeit und nicht Gleichwertigkeit adressiert, so Frau Martens.

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reGIOcycle – Nachhaltige Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen in der Region Augsburg

Maic Verbücheln, Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH

reGIOcycle“ hat zum Ziel, das Management regionaler Wertschöpfungsketten und Stoffströme in der Region Augsburg anhand einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu verbessern. Im Fokus steht die Entwicklung und Erprobung eines praktikablen Konzepts zur nachhaltigen regionalen Kreislaufwirtschaft in der Region Augsburg unter Mitwirkung verschiedener Stakeholder aus Kommunen, Landkreisen, Forschungseinrichtungen, Zivilgesellschaft und lokal agierender Unternehmen. Herr Verbücheln stellt Resilienz als Ergebnis einer stark vernetzten, redundanten und durch Kreisläufe geprägten Versorgungskette dar, die durch Re-Lokalisierung von Wertschöpfung, Wiederverwendung, Recycling und Nutzung von Synergieeffekten erreicht werden kann. Auch die starke Vernetzung und Vertrauensbildung zwischen lokalen Akteuren trage zu resilienteren Sozialstrukturen bei. Insgesamt sieht Herr Verbücheln großes Potenzial in der Re-Lokalisierung von Wertschöpfungskreisläufen für eine resiliente Daseinsvorsorge, die zudem durch soziale und technische Innovationen sowie Suffizienzansätze geprägt ist.

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Kommentierung und Rückfragen

In der nachfolgenden Diskussion betonen die Anwesende die Chance einer progressiven Veränderung, wenn notwendige Wiederaufbaumaßnahmen (etwa nach Flutereignissen) genutzt werden, innovative Veränderungen vorzunehmen. Damit sind Krisen Gelegenheitsfenster für mehr Resilienz. Je größer die Schäden ausfallen, desto größer sind die Möglichkeiten für Innovationen. Insgesamt sind sowohl langfristige Lösungen zu entwickeln als auch (technische) adhoc-Maßnahmen bereitzuhalten, um entsprechend in Krisensituationen reagieren zu können, da planerische Maßnahmen insgesamt langwierig sind. Hierfür sind Kooperationen zwischen Land und Kommunen zielführend.

Themenraum 4: Transdisziplinäre Kommunikation und Co-Design für gleichwertige Lebensverhältnisse

Moderation: Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie, Dr. Stephan Bartke, Umweltbundesamt

Gleichwertige Lebensverhältnisse können nur geschaffen und gesichert werden, wenn die Menschen in Stadt und Land eine gemeinsame Grundüberzeugung von der wechselseitigen Abhängigkeit sowie Notwendigkeit haben, alle Teilräume in ihrer Leistungsfähigkeit zu sichern. Dies erfordert neben politischen Ausgleichsbemühungen Kommunikation und Co-Design von Entwicklungen. Dabei ist sowohl die Grundüberzeugung zur wechselseitigen Abhängigkeit von Stadt und Land, die Einforderung von Ausgleichsleistungen, die Motivation zum Eigenengagement sowie Sicherung des Selbstwertgefühls zu adressieren. Co-Design (auch partizipatives oder kooperatives Design) ist damit der Versuch, alle Beteiligten in den Prozess einzubeziehen, um sicherzustellen, dass das Ergebnis ihren Anforderungen entspricht. Die Zusammenarbeit schafft Ergebnisse, die die Lebenswelten der Betroffenen besser berücksichtigen und so ihre praktischen, kulturellen und emotionalen Überlegungen aufgreifen und Entwicklungsmaßnahmen damit demokratisieren.

Im Rahmen dieser Arbeitssession werden Ansätze des Co-Designs sowie der transdisziplinären Kommunikation und deren Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse gemeinsam erörtert und diskutiert.

Leitfragen

  • Welche Zielrichtung der Kommunikation halten Sie für die wichtigste?
  • Welche Akteure tragen welche Verantwortung für Kommunikation und Co-Design bei? [Wer sollte die Prozesse initiieren und stützen?]
  • Welche konkreten Zielgruppen adressieren Sie und warum?
  • Wer macht mit? (mit welcher Motivation?)
  • Was sind Ihre wichtigsten Argumentationslinien in der Kommunikation?
  • Wie thematisieren Sie Gleichwertigkeit? Als Leitziel? Als „Hintergrund“ zu thematischen Unterzielen?
  • Auf welche Kommunikationsformate setzen Sie und warum?
  • Unterscheidet sich die Kommunikation zwischen „Stadt“ und „Land“?
  • Was erwarten Sie von den politischen Ebenen?
  • Welche Rolle spielen transdisziplinäre Vorhaben wie jene in Stadt-Land-Plus in Ihrer Region?

SUSTIL – Szenarien zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele in Stadt und Landkreis Lüneburg: Implikationen für die Steuerung von Landnutzung

Annika Schmidt, Leuphana Universität Lüneburg

Das Verbundprojekt „SUSTIL“ untersucht, welche Szenarien und Interessenskonflikte sich bezüglich der Landnutzung in Stadt und Landkreis Lüneburg aus der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele auf lokaler Ebene ergeben und welchen Beitrag Steuerungsinstrumente zur Landnutzung leisten können. Frau Schmidt unterstreicht die hohe Beteiligung der Praxispartner*innen im Projekt. Durch das Co-Design werden Planung sowie Umsetzung immer in enger Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxispartner*innen durchgeführt. Im Zuge dessen können Szenarien entwickelt werden, bei denen in neun von zehn Schritten die Praxispartner*innen beteiligt sind und diese entsprechend mitgestalten. Auch spielt die Art und Weise der Kommunikation von erzielten Ergebnissen eine Rolle. Hier werden unterschiedliche graphische Methoden verwendet (Storyline, Spider-Diagramm etc.). Die Pandemie stellte bisher jedoch eine große Herausforderung für den regen Austausch dar. So konnten sich die Praxispartner*innen oftmals nicht persönlich kennenlernen und es fehlte der direkte Austausch, da nur zwei Präsensveranstaltungen stattfinden konnten.

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Kommentierung und Rückfragen

Die anschließenden Rückfragen und Anmerkungen drehen sich um Möglichkeiten und Herausforderungen um Beteiligung in den Verbundvorhaben zu fördern und langfristig zu sichern. Hierbei werden Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit, gemeinsames Erreichen von Zielen, immer wieder motivierende Gespräche sowie zeitsparende Treffen als förderlich für die Zusammenarbeit herausgestellt. Im Verbundvorhaben SUSTIL wurde für eine kooperative Szenarienentwicklung außerdem mit der Delphi-Methode gearbeitet, welche zu einer verstärkten Kooperation der Praxispartner*innen führen kann. Da trotz vielfältiger Praxispartner*innen kein breites Beteiligungsformat entwickelt wurde, wurden im späteren Projektverlauf „Pilotbürger*innen“ inkludiert, um auch Bürger*innen im Sinne von transdisziplinärer Kommunikation für die Thematik zu sensibilisieren.

VorAB – Vorsorgend handeln – Avantgardistische Brückenansätze für nachhaltige Regionalentwicklung

Dr. Christine Katz, diversu

Im Stadt-Land-Bereich Lübeck untersucht das Verbundvorhaben „VorAB“ strukturelle Hindernisse einer interkommunalen Zusammenarbeit und erforscht Potenziale avantgardistischer Ansätze für nachhaltige Regionalentwicklung in den Transformationsfeldern Wald-, Energie- und Landwirtschaft. Frau Dr. Katz erläutert den gewählten Ansatz als avantgardistisch, da es gezielt um ein Brechen mit vorherrschenden wachstums- und gewinnmaximierenden Wirtschaftsweisen geht. Dabei ist eine starke Kommunikations- und Akteursorientierung erforderlich. Die Frage von Gleichwertigkeit spielt hier im Sinne von Gerechtigkeit eine zentrale Rolle für die Praxispartner*innen. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Stadt und Land, Unterschiede zeigen sich stattdessen anhand von Bruchlinien etwa in örtlicher Sozialisierung, in Wertvorstellungen und unterschiedlichem Gemeinschaftsverständnis. Anhand dieser Bruchlinien sind Gerechtigkeits-, Demokratie- und Bewertungsfragen zu analysieren. Involvierte Akteure gestalten gemeinsame Kommunikationsräume im Sinne von Co-Design mit und sind in konkreter Ausgestaltung von Projektergebnissen beteiligt.

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Kommentierung und Rückfragen

Rückfragen aus dem Publikum betreffen hier unter anderem die Akteursauswahl. Diese wurde im Rahmen des Verbundprojektes aufgrund bestehender Netzwerke getroffen und wurde normativ (gemeinwohlorientiert) gestaltet. Es wird unterstrichen, dass jeweils räumliche Einordnung und Beschreibung der interkommunalen Zusammenarbeit von Interesse sind. Außerdem wird angemerkt, dass die Einbindung der Politik zudem ungenutztes Potential aufweist, da hier auf administrativer Ebene gute Vernetzungsmöglichkeiten bestehen.

VoCo – Vorpommern Connect - Nachhaltige Stadt-Land Wertschöpfungsketten bewerten und gestalten

Dr. Michael Rühs, Universität Greifswald

Das Verbundvorhaben „VoCo“ fokussiert in der Region Vorpommern mit den Oberzentren Greifswald und Stralsund auf die drei Themen Energie – Essen – Erleben, um hier jeweils Modelprojekte zu entwickeln. Das Vorhaben wird durch drei wissenschaftliche Teilprojekte (Regionale Wärme aus Moorwiesen, Regionale Produkte und Lernen und Erleben im ländlichen Raum) gegliedert. Hierfür unterstreicht Herr Rühs die Relevanz unterschiedlicher Kommunikationsformate, um unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen und in die Prozessgestaltung zu integrieren. Im Rahmen des Projektes wurden Akteure aus Verwaltung, Praxis und Regionalmanagement in unterschiedlichen Formaten, etwa Werkstattgesprächen, Szenarienworkshops und Fokusgruppen zusammengebracht. Um ein erfolgreiches Co-Design im gemeinsamen Forschungsprozess zu erreichen, unterstreicht Herr Rühs ebenfalls Verbindlichkeit und Kontinuität sowie transparente Ergebnissicherung. Um möglichst hohe Beteiligung zu erreichen, sind außerdem niedrigschwellige Angebote von zentraler Bedeutung.

Folien VoCo - Download hier

Austausch in Kleingruppen

Anschließend erfolgt ein weiterer Austausch in Kleingruppen, um Erfolge, Hürden und Erfolgsfaktoren der Verbundvorhaben zu diskutieren. Die Kommunikation mit externen Akteuren (wie Praxispartner*innen, Behörden) im Rahmen von regelmäßigen Austauschtreffen wird insgesamt als erfolgreich bewertet. Hierbei spielen klare Zieldefinitionen, gute Öffentlichkeitsarbeit sowie gegenseitige Wertschätzung eine wichtige Rolle. Zeitliche und politische Rahmenbedingungen, Limitierungen durch ausschließlich digitalen Austausch, unterschiedlicher Projektstart sowie teilweise unklare Begrifflichkeiten bzw. Fehlen einer „gemeinsamen Sprache“ im Projekt werden hingegen als Herausforderungen benannt. Auch unterschiedliche Mitgestaltungsmöglichkeiten von wissenschaftlichen und Praxispartner*innen sowie Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung werden als teilweise problematisch thematisiert. Als Erfolgsfaktoren werden Mitförderung von Praxispartnern, Hilfsmittel zum Projektstart sowie gute Moderation, Dokumentation und persönlicher Austausch während der Projektlaufzeit, um ein gemeinsames Projektverständnis zu entwickeln, genannt.

Ausblick auf weitere Aktivitäten der Fördermaßnahme

Dr. Stephan Bartke, Umweltbundesamt, informiert zu weiteren Veranstaltungen im Rahmen der Fördermaßnahme. Die Termine sind ebenfalls auf der Website sowie im Newsletter nachzulesen. Alle Praxis- und Verbundpartner erhalten zudem alle wichtigen Informationen per Mail.

Ausblick auf weitere Aktivitäten der Fördermaßnahme:

Im Weiteren stellt Herr Bartke noch die Schwerpunktthemen der Fördermaßnahme für das Jahr 2022 vor. Hier sind unterschiedliche Synthese-Workshops zu folgenden Themen geplant, für die noch Sondierungen laufen:

  • Instrumente und Mechanismen der regionalen Planung
  • Indikatoren und Digitalisierung
  • Kommunikation und Visualisierung
  • Early Career Austausch

Möglichkeiten für den Ergebnistransfer auch auf internationaler Ebene werden ebenfalls sondiert. Zusätzlich sind weitere regionale Treffen der Verbundvorhaben sowie Schulungsmodule und -formate über die einzelnen Fördermaßnahmen hinaus geplant. Abschließend weist Herr Bartke noch auf die Publikationsmöglichkeiten hin. Hier sind die Vorhaben eingeladen, ihre Ergebnisse für die Fachöffentlichkeit zu präsentieren.

Frau Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie, bedankt sich nochmals für die rege Teilnahme und unterstreicht das Angebot mit Anregungen zu Themen für vertieften Austausch auf das Querschnittsvorhaben zuzukommen. Auch für die nächste Statuskonferenz sind Anregungen willkommen. Dort werden vor allem die Ergebnisse aus den Verbundvorhaben sowie die jeweiligen Praxispartner*innen und der Wissenstransfer im Fokus stehen.

Botschaften der Statuskonferenz - gleichwertige Lebensverhältnisse fördern

Dr. Stephan Bartke, Umweltbundesamt, wissenschaftliches Querschnittsvorhabens

Herr Bartke fasst die beiden Tage der Statuskonferenz inkl. des Streitgesprächs rückblickend zusammen:

  1. Stadt und Land sind zusammenzuführen, um bestehende, nicht zu bestreitende Unterschiede gewinnbringend zu kombinieren. Ein starker Fokus liegt hierbei auf den Zwischenräumen, den „Speckgürteln“, „Umlandstädten“, „Zwischenstädten“ etc., wo sich sehr viel Dynamik finden lässt. Hier können Fragen von Kompaktheit, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit gezielt beantworten werden.
  2. Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen ist mit Fragen der Ressourcenverfügbarkeit und Nachhaltigkeit zusammenzudenken. Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen bedeutet nicht nur Erreichbarkeit und wirtschaftliche Entwicklung, sondern betrifft auch sozio-ökologische Aspekte. Dabei sind Klima, Ressourcenverfügbarkeit und Nachhaltigkeit zentrale Themen.
  3. Chance einer progressiven Veränderung sind im Rahmen disruptiver Krisen und Ereignissen (z. B. Starkregen oder Großunternehmensansiedlung) als Gelegenheitsfenster für resiliente und starke Stadt-Land-Partnerschaften möglich.
  4. Um Erfolg und Entwicklung messen zu können, spielen Indikatoren eine zentrale Rolle. Hierfür müssen Daten generiert und auch analysiert werden für die Planung und Zukunftsgestaltung starker Stadt-Land-Partnerschaften.
  5. Nur gemeinsam mit (Praxis-) Akteuren vor Ort im Sinne eines Co-Designs lassen sich Problematiken der Ungleichheit adressieren und Fragen von gleichwertigen Lebensverhältnissen beantworten.

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